Recherchen von Correctiv und journalist: In der ZDF-Auslandsberichterstattung stimmen arabische, russische und chinesische O-Töne und ihre Übersetzung nicht immer überein

Bonn (ots) – Das Recherchebüro Correctiv hat für das Medienmagazin journalist Dutzende O-Töne aus dem arabischsprachigen Raum, aus Russland und China übersetzt und mit den Formulierungen verglichen, die ZDF und ARD in ihrer Auslandsberichterstattung gesendet hatten. Während in den mehr als 30 Stichproben der ARD-Tagesschau die Übersetzungen mit dem jeweiligen O-Ton übereinstimmten, waren O-Ton und Übersetzung in vielen Stichproben der ZDF-Nachrichtensendungen heute und heute journal nicht identisch.
Correctiv hat das ZDF mit sieben ungenauen Übersetzungen konfrontiert. Der Sender erklärte, dass Interviewpartner in einigen der genannten Stichproben Worte, die im O-Ton fehlten, an anderer Stelle im Interview gesagt hätten. Für die Beiträge seien die Aussagen dann in der Übersetzung gerafft oder verdichtet worden. Bei einem Zitat, in dem das Gesagte massiv von der Übersetzung abweicht, räumt das ZDF aber einen „eindeutigen Fehler“ ein und entschuldigte sich auf Nachfrage von Correctiv. Der Sender schreibt: „Solche Fehler sind leider im aktualitätsgetriebenen journalistischen Alltag nie ganz zu vermeiden – und unter den Bedingungen eines Kriegs- und Kriseneinsatzes wird das nicht einfacher.“
Bei den Übersetzungsfehlern, die ein Team aus Correctiv-Reportern in den Auslandsbeiträgen gefunden hat, handelt es sich nicht um den großen Skandal. Eher geht es um „fragwürdige Instrumente im täglichen Handwerk“, heißt es im journalist. Die Frage, die sich in der Auslandsberichterstattung stellen muss, lautet: „Wie wichtig ist es, in den Reportagen aus dem Ausland genau zu zitieren?“
Sehr wichtig, finden Correctiv und journalist. Besonders dann, wenn immer häufiger Muttersprachler den Beitrag hören und sich darüber wundern, dass O-Ton und Übersetzung nicht genau zueinanderpassen. Anders als etwa bei der BBC gibt es keine klaren Leitlinien, wie O-Töne in Bild-Beiträgen wiedergegeben werden sollen. Wenn sich immer wieder „kleine Schlampereien“ übereinander türmen, werden diese irgendwann zu einem grundsätzlichen Fehler der Medien. „Es geht um das Handwerk, mit dem uns das Bild unserer Welt vermittelt wird“, schreiben die Correctiv-Autoren im journalist.
Den kompletten Recherchebericht lesen Sie in der Januar/Februar-Ausgabe des journalists. Außerdem steht der Text frei online auf www.journalist.de (http://www.journalist.de). Beitrag: http://ots.de/u15ejd
Der journalist und Correctiv wollen über Kriterien der Auslandsberichterstattung diskutieren und laden am 6. April 2020 um 16.30 Uhr zu einer Podiumsdiskussion in die Repräsentanz der Robert Bosch Stiftung (Französische Straße 32) ein. Alle Infos auf http://bit.ly/ausland_
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