ÖGK: Wir stellen die ärztliche Versorgung österreichweit sicher

Ein aktueller Faktencheck
Wien (OTS) – Die flächendeckende Versorgung mit Vertragsärztinnen und Vertragsärzten im Bereich Allgemeinmedizin aber auch bei den Fachärztinnen und Fachärzten ist derzeit Gegenstand heftiger Diskussionen und verunsichert die Menschen.
Faktum ist: Mit Stichtag 1. Jänner 2020 sieht das Vertragsärztenetz insgesamt 3.839,5 Allgemeinmediziner und 3.132 Fachärzte in ganz Österreich vor. Dieses riesige Netz kann die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) aktuell bei Allgemeinmedizinern zu 97,61 Prozent und bei Fachärzten zu 97,04 Prozent besetzen. Österreichweit sind derzeit nur 72,5 Planstellen für Fachärzte und 90,5 Planstellen für Allgemeinmediziner vakant.
Die Rahmenbedingungen haben sich geändert
Es ist jedoch nicht zu leugnen, dass es derzeit stellenweise zu Nachbesetzungsproblemen kommt, die auf unterschiedlichen Ursachen beruhen. Zum einen geht die Generation Babyboomer schrittweise in Pension. Durch den daraus entstehenden Generationenwechsel sind daher aktuell mehr Stellen nachzubesetzen. Diese Pensionierungswelle bei den Ärzten führt zu lokalen und temporären Nachbesetzungsproblemen. Ab 2025 wird die Zahl der Pensionierungen jedoch erheblich sinken. Zum anderen werden aktuell auch weniger Allgemeinmediziner mit der Ausbildung fertig bzw. wollen viele nicht als Vertragsärzte arbeiten, da vielerorts ein negatives Berufsbild gezeichnet wird. Dieses Problem ist nicht nur auf den ländlichen Bereich eingegrenzt, sondern betrifft gleichermaßen Stadt und Land. Auch die Wünsche und Bedürfnisse der jungen Ärzte haben sich geändert: So stehen eine ausgeglichene Work-Life-Balance, mehr Zeit für die Familie und eine aktive Freizeitgestaltung ganz oben auf deren Wunschliste. Die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung hat für die Österreichische Gesundheitskasse hohe Priorität.
Was unternimmt die ÖGK, um in Zukunft die hausärztliche Versorgung sicherzustellen?
Wir streben in diesem (internationalen) Wettbewerb um Ärzte danach, den Arztberuf zeitgemäß und attraktiv zu halten. Das bedeutet einerseits eine sehr gute Honorierung: So ergab eine Studie für das Jahr 2015, dass Vertragsärzte für Allgemeinmedizin im Durchschnitt ein Einkommen in der Höhe von ca. 146.000 Euro vor Steuern nach Abzug aller Praxiskosten, der Ärztekammerumlage sowie der Sozialversicherungsbeiträge hatten. Umgelegt auf 14 Monatsgehälter entspricht dies mehr als 6000 Euro netto monatlich. Die Vertragsfachärzte und insbesondere die technischen Fächer (Radiologie und Labor) haben durchschnittlich ein wesentlich höheres Einkommen. Andererseits arbeiten wir eng mit unseren Systempartnern zusammen und haben zur Attraktivierung des Arztberufs folgende Schritte gesetzt:
1. Schaffung von Primärversorgungszentren und -netzwerken als
innovative, patientenorientierte Versorgungsformen für die
Bevölkerung. Diese bieten attraktive Arbeitsbedingungen für Ärzte und
Vertreter der Gesundheitsberufe.
2. Die Möglichkeit der Schaffung von Lehrpraxen, um junge
Allgemeinmediziner bereits am Ende ihrer Ausbildung für mindestens
ein halbes Jahr an den Praxisalltag heranzuführen und an der
Patientenversorgung mitwirken zu lassen.
3. Unterstützende Maßnahmen für Studenten und Ärzte in Ausbildung,
um das Fach Allgemeinmedizin positiv und v.a. praxisorientiert
kennenzulernen (Finanzierung von Mentoring, klinisch-praktisches Jahr
im niedergelassenen Bereich, Veranstaltungen für Medizinstudenten und
Jungärzte etc.).
4. Die Möglichkeit für ältere Ärzte, bei reduziertem Arbeitsumfang
länger aktiv im Vertragsarztsystem zu bleiben.
5. Aktive Ansprache von Ärzten, die noch nicht im Kassensystem
arbeiten, um sie über Vorteile und Möglichkeiten des Kassenvertrags
zu informieren.
6. Auch flexible Zusammenarbeitsformen (z.B. Gruppenpraxen,
erweiterte Stellvertretung) im Sinne eines ärztlichen Teamworks
wurden umgesetzt und schaffen die Möglichkeit für Teilzeitarbeit.
Dabei gibt es auch Anreize, die Versorgungswirksamkeit von
Gruppenpraxen zu erhöhen.
7. Modelle der erweiterten Stellvertretung, die es bereits in
mehreren Bundesländern gibt, regeln die Zusammenarbeit mit anderen
Ärzten auf Basis eines freien Dienstvertrages, ohne dass dafür eine
Gruppenpraxis gegründet oder ein Anstellungsvertrag abgeschlossen
werden muss. Dies bietet die Möglichkeit zur Abdeckung eines
Zusatzbedarfes (z.B. Abbau von Wartezeiten, Abdeckung vakanter
Stellen oder bedarfsbedingte Erweiterung des jeweiligen Angebotes).
Dieses Modell wird in verschiedenen Konstellationen von Job-Sharing
bis hin zu temporärem und unbefristetem Ausbau angeboten.
8. Durch eine Änderung des Ärztegesetzes wurde zudem die Möglichkeit
der Anstellung von Medizinern bei Ärzten im niedergelassenen Bereich
geschaffen: Seit Oktober 2019 ist dies österreichweit möglich. Eine
Anstellung ermöglicht die Zusammenarbeit von Vertragsärzten mit
anderen Ärzten mittels Dienstvertrag. Die Regelungen zur erweiterten
Vertretung bleiben davon unberührt. Vertragsärzte haben daher für die
Zusammenarbeit mit anderen Ärzten die freie Wahl zwischen
* Gründung einer Gruppenpraxis,
* Gründung einer Primärversorgungseinheit,
* einer freiberuflichen Kooperation im Rahmen der erweiterten
Vertretung oder
* Anstellung eines Arztes, sofern die Grundsätze und
Bedingungen für das jeweilige Modell eingehalten werden.
Langfristige Maßnahmen stellen die Versorgung sicher
Wir haben durch ein umfassendes Maßnahmenpaket auf die Nachbesetzungsprobleme reagiert. Wichtig ist es auch, in langfristigen Lösungsansätzen zu denken: Österreich liegt bei der Anzahl der Arztbesuche, der Krankenhaustage und insbesondere der Krankenhausaufenthalte je Einwohner im europäischen Spitzenfeld. Deshalb sind der Ausbau von Gesundheitsförderung und Prävention, die Steigerung der Gesundheitskompetenz sowie Initiativen wie die Gesundheitshotline 1450 besonders wichtig. Ein weiterer Lösungsansatz liegt in der Lenkung von Patientenströmen und somit in der Vermeidung unnötiger und unkoordinierter Arzt- bzw. Krankenhausbesuche. Beispielsweise haben das Land OÖ und die Sozialversicherung das Projekt „Der gelungene Patientenkontakt“ in Auftrag gegeben. Mit diesem Projekt sollen unter anderem die Inanspruchnahme am „Best Point of Service“ erleichtert und Umwege sowie eine vermeidbare „Überinanspruchnahme“ des Gesundheitssystems hintangehalten werden.
Aber auch effizientere und effektivere Strukturen sowie die Konzentration der Arzttätigkeit auf jene Bereiche, die tatsächlich eine ärztliche Ausbildung erfordern, sind wichtige Schritte. Dazu zählen die Aufwertung der Pflegeberufe und die Delegation von Leistungen, die qualitativ hochwertig auch von Vertretern anderer Gesundheitsberufe erbracht werden können, synergetische Kooperationsmodelle – wie z.B. Primärversorgungseinheiten oder neue Verschränkungsmodelle zwischen Krankenhausambulanzen und dem niedergelassenen Bereich – oder der Ausbau von Tageskliniken, die weniger Ressourcen benötigen als der stationäre Bereich.
Für die Österreichische Gesundheitskasse stehen die Kunden stets im Mittelpunkt, das impliziert auch eine gute und flächendeckende medizinische Versorgung, die wir in Zusammenarbeit mit allen Partnern gemeinsam weiter ausbauen wollen.
Öffentlichkeitsarbeit ÖGK
Andrea Mayrhofer, MAS MA
andrea.mayrhofer@oegk.at
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