„Report Mainz“ / Schwere Vorwürfe gegen Frontex und griechische Polizei / Minderjährige Flüchtlinge als Erwachsene registriert / 25.2.2020, 21:45 Uhr im Ersten
„Report Mainz“ / Schwere Vorwürfe gegen Frontex und griechische Polizei / Minderjährige Flüchtlinge als Erwachsene registriert / 25.2.2020, 21:45 Uhr im Ersten
Mainz (ots) – Mutmaßlich minderjährige Asylbewerber sollen nach Ankunft in Griechenland willkürlich als Erwachsene registriert worden sein. Das ergeben Aussagen von Betroffenen und Nichtregierungsorganisationen gegenüber dem ARD-Politikmagazin „Report Mainz“. So schildern mehrere betroffene Asylbewerber auf der griechischen Insel Samos, dass ihr Alter trotz korrekter eigener Angaben falsch dokumentiert worden sei. Sie seien dadurch zu Erwachsenen deklariert worden. Verantwortlich für die Registrierung von Flüchtlingen ist die griechische Polizei, sie wird dabei von der EU-Grenzschutzbehörde Frontex unterstützt. Bei der Registrierung sollen laut Frontex die Daten so eingetragen werden wie vom Asylbewerber angegeben. Bestehen Zweifel am angegebenen Alter, müssten die griechischen Behörden eigentlich ein mehrstufiges medizinisches Verfahren zur Altersüberprüfung einleiten.
Bill van Esveld von der Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ hat selbst vor Ort recherchiert und bestätigt die Vorwürfe der Betroffenen: „In zwei Tagen vor Ort bin ich mindestens zehn Minderjährigen begegnet, die teilweise 16 Jahre alt waren und als bis zu 26-Jährige registriert wurden. Das war lächerlich. Es schien keine ernsthaften Anstrengungen zu geben, herauszufinden, ob jemand minderjährig ist oder nicht. Es wurde einfach willkürlich ein Alter aufgeschrieben.“
Auch die Nichtregierungsorganisation „Anwälte ohne Grenzen“ betreut nach eigenen Angaben mutmaßlich Minderjährige, die als Erwachsene registriert wurden. „Uns haben Betroffene berichtet, dass sie trotz der Vorlage von Dokumenten nicht als Minderjährige registriert wurden. Sie wurden willkürlich als Erwachsene registriert.“
Die griechische Wohlfahrtsorganisation „Metadrasi“, die zahlreiche unbegleitete Minderjährige vor Ort als gesetzlicher Vormund vertritt, bestätigt ebenfalls derartige Aussagen. „Die Kinder erzählen uns, dass sie bei der Registrierung ihr Alter angegeben haben. Dann werde etwas aufgeschrieben und sie beschweren sich, dass das nicht stimme, sagen die Kinder. Daraufhin werde ihnen gesagt: „Doch, das ist jetzt so“, sagte Lena Perpiraki von Metadrasi im Interview mit „Report Mainz“.
Zwei Asylbewerberinnen schilderten im Interview, sie seien gezwungen worden, ein Protokoll mit einer falschen Altersangabe zu unterschreiben. Bei Weigerung sei ihnen Gewalt angedroht worden. Sie seien daraufhin als vermeintlich Erwachsene weggeschickt worden, ohne eine sichere Unterkunft zu erhalten. Daraufhin seien sie mehrfach sexuell belästigt und vergewaltigt worden. Inzwischen sind sie mit Unterstützung von Anwälten nachträglich als minderjährig anerkannt worden.
Frontex teilt zu den Vorwürfen schriftlich mit, man sei über solche Fälle nicht informiert. Man müsse aber eine hohe Zahl an Personen bearbeiten, es könnten unbeabsichtigte Fehler auftreten. Diese würden aber von den griechischen Behörden korrigiert. Der griechische Migrationsminister Notis Mitarakis sagte im Interview mit „Report Mainz“: „Wir werden in den kommenden Wochen klare Standards einführen für medizinische Untersuchungen, um genau festzustellen, wer minderjährig ist und wer nicht.“
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