Professioneller Umgang mit alten und hochbetagten Menschen während der Covid 19 Pandemie
Professioneller Umgang mit alten und hochbetagten Menschen während der Covid 19 Pandemie
Stellungnahme des Vorstandes der Österreichischen Gesellschaft für Geriatrie und Gerontologie
Wien (OTS) – 1. Die frührehabilitative Versorgung geriatrischen Patient*innen
nach einer überstandenen COVID 19 Infektion muss zeitnah geplant
werden, um die primär-versorgenden Einrichtungen zu entlasten und
eine zeitnahe Rückkehr in die häusliche Versorgung oder in eine
geschützte Pflegeinstitution zu ermöglichen.Für diese Herausforderung
sieht die ÖGGG die vorrangige Schlüsselfunktion bei den Abteilungen
für Akutgeriatrie.
2. Auch sind die Akutgeriatrien angehalten, ihren ureigenen
Versorgungsauftrag für die Behandlung der nicht an COVID 19
erkrankten multimorbiden geriatrischen Patient*innen weiterhin zu
erfüllen. Hierfür wird aufgrund einer potentiellen
Infektionsrisikosituation dieser vulnerablen Patientengruppe eine
verschärfte Umsetzung von Hygienemaßnahmen bei allen
Therapieprofessionen und, wenn möglich, eine räumliche/personelle
Trennung von Verdachtsfällen empfohlen.
3. Die Unterstützung von mobilen Pflegediensten, pflegenden
Angehörigen und Laienhelfern (24-Stunden Betreuer*innen) soll von
geriatrischen Ambulanzen/Ärzten*innen in Geriatrieeinrichtungen und
Hausärzt*innen mit Geriatrie-Diplom über Telefon oder
Skype/WhatsApp/… Telefonie beratend engmaschig unterstützt werden.
Insbesonders gerontopsychiatrische Patient*innen stellen hier eine
besondere Herausforderung in der Versorgung dar.
Geriatrische Unterstützungsangebote sollen auf regionaler Ebene auch
mit den Trägern von Rehabiliationseinrichtungen koordiniert werden,
wenn diese Reha-Kliniken geriatrische, multimorbide -im Besonderen
-Patienten/Patientinnen mit Demenz von zu Hause bei Wegfall der
24Stunden Betreuer*innen , aufzunehmen und zu betreuen haben.
Rehabilitation soll vorrangig im häuslichen Umfeld stattfinden.
Zugang zu Rehabilitation, Therapie und Unterstützungsangebote für
pflegende Angehörige sollen gewährleistet werden, auch hier unter
Beachtung der Schutzmaßnahmen für Personal. Tele-Rehabilitation soll
raschest ermöglicht werden.
4. Eine große Herausforderung ist die Betreuung der geriatrischen
Bewohner*innen in Langzeit-Pflegeeinrichtungen. Hier steht die
Schutzaufgabe der Institutionen vor Infektionen an erster Stelle.
Hierfür sind die Hygienemaßnahmen stark zu fokusieren, sowohl durch
Schulung/Information der Basishygiene und Selbstschutzmaßnahmen, als
auch die vermehrte Ausstattung mit geeigneter Ausrüstung
(Schutzkleidung/Masken und räumlichen Isoliereinheiten). Diese
Ressourcen sind sowohl von den Trägereinrichtungen als auch von den
behördlichen Institutionen zur Verfügung zu stellen. Klare
Vorgehensweisen bei Verdachtsfällen sollten an allen
Mitarbeiter*innen kommuniziert werden.
5. Die Österreichische Gesellschaft für Geriatrie und Gerontologie
betont ausdrücklich, dass die älteren Mitbürger*innen im
österreichischen Gesundheitssystem besonders geschützt und behandelt
werden sollten. Niemand wird in dieser außerordentlichen Pandemie
aufgrund seines Alters zurückgelassen oder nicht behandelt. Es ist
jedoch eine ethische Herausforderung, multimorbide Menschen möglichst
zielgerichtet zu therapieren. Eine klare Therapiezieleformulierung
ist im Vorfeld zu erheben und zu dokumentieren. Advanced care
planning hat jetzt eine besondere Aktualität erhalten, da dies
Ärzt*innen bei Entscheidungsfindungsprozessen in der
akutmedizinischen Versorgung unterstützt.
6. Palliative Care für alte und gebrechliche Menschen in
Langzeiteinrichtungen (Pflegeheimen):
Wenn in einer vorausschauenden Planung aufgrund des
Patient*innenwillens, der Multimorbidität, Gebrechlichkeit und
Hochaltrigkeit ein palliativmedizinisches Therapieziel formuliert
wurde, so ist ein Transfer in ein Akutspital dennoch abzuwägen, wenn
kein ausreichender Schutz der anderen Bewohner*innen in der Kohorte
ermöglicht werden kann (beispielsweise aufgrund fehlender
Schutzmaßnahmen). Es wird betont, dass die palliative
symptomenkontrollierende Behandlung überall gewährleistet sein muss
und indiziert ist. Palliative Care in der Geriatrie bedeutet nicht,
eine (intensivmedizinische) Therapie zu verweigern, sondern aufgrund
der fehlenden ‚Nützlichkeit‘ für den Betroffenen eine intensive
pflegerische-medizinische-psychologische und spirituelle Begleitung
als Grundhaltung den Menschen und deren Angehörigen gegenüber
zu ermöglichen.
7. Auf einen sensibleren sprachlichen Umgang in den Medien und
medizinischen Berichten ist zu achten. Altersdiskriminierende
Äußerungen müssen vermieden werden.
8. „Social Distancing“ ist für alte Menschen belastend und
gefährdend, weshalb stärker von räumlicher und nicht sozialer Distanz
gesprochen werden sollte.
Weitere interessante Links:
[https://www.eugms.org/news/read/article/489.html]
(https://www.eugms.org/news/read/article/489.html)
[https://www.ots.at/redirect/palliative]
(https://www.ots.at/redirect/palliative)
Der Vorstand der Österreichischen Gesellschaft für Geriatrie (ÖGGG)
Univ.-Prof. Dr. Regina Roller-Wirnsberger
Präsidentin der ÖGGG
Prim. Univ.-Prof. Dr. Marcus Köller
Präsident-elect der ÖGGG
Prim. Dr. Peter Dovjak
Prof. Dr. Thomas Frühwald
Univ.-Prof. Dr. Christoph Gisinger
Prim. Dr. Athe Grafinger, MSc
Univ.-Prof. Dr. Franz Kolland
Prim. Univ.-Prof. Dr. Monika Lechleitner
Univ.-Prof. Dr. Peter Pietschmann
Prim. Prof. Dr. Katharina Pils
Prim. Dr. Georg Pinter
Dr. Verena C. Tatzer, MSc.
Unter Mitarbeit von Prim. Dr. Erwin Pilgram
Österreichische Gesellschaft für Geriatrie und Gerontologie
Laudongasse 21/13
1080 Wien
Tel: +43 676 962 82 10
Email: office@oeggg.com
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