Nationalrat: Einstimmigkeit für Bericht zur Ombudsstelle bei Zahlungsproblemen und Studie zu Künstlicher Intelligenz im Marketing

Nationalrat: Einstimmigkeit für Bericht zur Ombudsstelle bei Zahlungsproblemen und Studie zu Künstlicher Intelligenz im Marketing

Meldung von NS-Wiederbetätigung per Online-Formular soll geprüft werden, Berichte der AMA und des Rechnungshofes zur Kenntnis genommen

Da Informationen zur Tätigkeit und Inanspruchnahme der seit 2022 im Konsumentenschutzministerium eingerichteten Ombudsstelle für Zahlungsprobleme bei Krediten fehlen, sprach sich der Nationalrat heute einstimmig für einen jährlichen Tätigkeitsbericht der Ombudsstelle aus. Ebenso einhellig fiel das Votum über einen Antrag der Koalitionsparteien aus, eine Studie zu den Auswirkungen der Anwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) im Marketing auf das Konsumverhalten in Auftrag zu geben. Auch eine gemeinsame Initiative von ÖVP, SPÖ und Grünen, die auf die Prüfung der Einrichtung eines Online-Formulars zur Meldung von NS-Wiederbetätigung abzielt, erhielt die Zustimmung sämtlicher Fraktionen.

Mehrheitlich zur Kenntnis nahmen die Abgeordneten den Tätigkeitsbericht der Agrarmarkt Austria (AMA) für das Jahr 2021. Sechs Berichte des Rechnungshofs unter anderem zu den Themen Cybersicherheit, Asylbetreuungseinrichtungen und Parkraumbewirtschaftung in Wien wurden einstimmig zur Kenntnis genommen.   

BERICHT ZUR ERSTANLAUFSTELLE FÜR ZAHLUNGSPROBLEME BEI KREDITEN

ÖVP, SPÖ und Grüne ersuchen in einem gemeinsam im Konsumentenschutzausschuss eingebrachten Antrag Bundesminister Johannes Rauch, einen Bericht über die an die Erstanlaufstelle für Verbraucher:innen in Zahlungsschwierigkeiten – im Zusammenhang mit Kreditverbindlichkeiten – herangetragenen und behandelten Fälle bis spätestens Juni 2023 an den Nationalrat zu übermitteln.

Die Basis dafür bildete ein SPÖ-Antrag, in dem das Fehlen von Informationen über die Tätigkeit der seit 2022 im Konsumentenschutzministerium eingerichteten Ombudsstelle kritisiert und ein jährlicher Tätigkeitsbericht gefordert wird (3226/A(E)).

Die Ombudsstelle sei im Kontext der Corona-Krise beschlossen worden und die Lage habe sich angesichts der gegenwärtigen Teuerung noch weiter verschärft, erklärte Christian Drobits (SPÖ) im Plenum. Gerade vor diesem Hintergrund sei es entscheidend über eine verlässliche Datenlage darüber zu verfügen, was die Betroffenen benötigten. Ulrike Fischer von den Grünen stimmte Drobits zu und berichtete, dass die mit 1. Jänner 2022 eingerichtete Ombudsstelle bereits in den ersten zwei Monaten 138 Fälle zu bearbeiten gehabt hatte. Zudem sei die Stelle auch deshalb wichtig, weil sich in finanzielle Not geratene Personen oft nicht mal dem engsten Familienkreis mitteilten.

Peter Wurm (FPÖ) konnte “die Begeisterung” seiner Vorredner:innen für den Antrag nicht teilen, zumal die Vorlage eines dahingehenden Berichts eigentlich “eine Selbstverständlichkeit” sein sollte. Wichtiger, um den betroffenen Menschen zu helfen, wäre es laut Wurm gewesen, konkrete Vorschläge der Opposition, wie etwa eine Obergrenze bei den Inkassogebühren, umzusetzen. Stattdessen seien diese ständig “schubladisiert” worden und auch sonst hätte man wenig für den Konsumentenschutz erreicht. Wie der vorliegende Antrag zeige, würde sich die Bundesregierung beim Konsumentenschutz lediglich mit “Mäuseschritten” bewegen, bemängelte auch NEOS-Abgeordnete Katharina Werner. Sie würde sich eine echte “data-driven-governance” wünschen, doch auch dahingehende Anträge würden von der Koalition regelmäßig vertagt.

Es sei sehr viel für den Konsumentenschutz passiert, hielt Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP) Wurm entgegen, und der Bericht werde dies demonstrieren. Auch Bundesminister Johannes Rauch widersprach Wurm “vehement” und verwies auf 240 Klagen pro Jahr, die sein Ressort im Sinne des Konsumentenschutzes führe. Auch die Schuldnerberatung sei ausgebaut worden und er befinde sich mit Banken bezüglich einer Regelung bei den Kontoüberziehungszinsen im Gespräch. “Wenn sich jemand um den Konsumentenschutz kümmert, dann bin ich es”, erklärte Rauch.

STUDIE ÜBER AUSWIRKUNGEN VON KI-PROGRAMMEN AUF DAS KONSUMVERHALTEN

Als dürftig angesehen wird auch die Datenlage, was die Auswirkungen der Anwendungen vom KI im Marketing betrifft. Daher soll laut einem Antrag von ÖVP und Grünen erhoben werden, inwieweit Werkzeuge der KI, wie etwa der Chatbot ChatGPT, in Österreich bereits eingesetzt werden und welche Auswirkungen die Anwendung dieser Technologien auf das Konsumverhalten haben kann (3238/A(E)).

Es fehle bei Vielen immer noch ein Bewusstsein über die Chancen und Risiken Künstlicher Intelligenz, führte Süleyman Zorba (Grüne) aus. Mittlerweile würden aber bereits Größen aus der Technologie-Branche, wie Elon Musk und Stephen Wozniak, vor einer “Überrumpelung” durch die Entwicklung und Europol vor dem Missbrauch von KI für kriminelle Zwecke warnen. Auch in der Gesetzgebung müssten dafür Vorkehrungen getroffen werden. 

Die Studie sei zu begrüßen, sagte Elisabeth Feichtinger (SPÖ), doch es bräuchte auch Regelungen auf EU-Ebene, damit Arbeitnehmer:innen und Konsument:innen nicht “unter die Räder kommen”. Ihr Fraktionskollege Klaus Köchl plädierte dafür, die Universitäten finanziell besser auszustatten, damit derartige Studien nicht bei Unternehmen beauftragt werden müssten.

Den Papst in einer Prada-Daunenjacke und Donald Trump, der von der Polizei abgeführt wird, führte Peter Weidinger (ÖVP) als Beispiele für mittels KI fabrizierte Bilder an. Diese Technologie dürfe “Autokraten und Demagogen” nicht in die Hände fallen, um Menschen zu manipulieren. Die Studie sei ein erster Schritt in einer breit angelegten Strategie der Bundesregierung, um die Risiken aber auch die Chancen von KI – etwa für die Wirtschaft oder die Medizin – zu erkennen und zu nutzen. Für eine “ganzheitliche” Betrachtung der Thematik sprach sich auch Corinna Scharzenberger (ÖVP) aus.

Grundsätzlich bewertete NEOS-Mandatarin Katharina Werner den Antrag ebenfalls positiv, betonte jedoch, dass es “viel mehr” brauche, um auch die Chancen von KI nutzen zu können. Sie sprach über die Relevanz von Medien- und Sprachkompetenzbildung sowie einer unabhängigen Medienlandschaft um nicht zum “Spielball” der technischen Entwicklung zu werden.

ONLINE-FORMULAR ZU MELDUNG VON NS-WIEDERBETÄTIGUNG

Auf Basis eines Antrags der Sozialdemokrat:innen, wollen ÖVP, SPÖ und Grüne prüfen, ob die Meldung von nationalsozialistischer Wiederbetätigung bei der dementsprechenden Meldestelle in der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) auch per Online-Formular möglich sein soll (1543/A(E)).

Im Plenum sah Sabine Schatz (SPÖ) ein “extremes Hoch” was rechtsextremistische Straftaten betreffe. Die Möglichkeit, Verdachtsfälle auf NS-Wiederbetätigung auch online und anonym melden zu können, sei vor allem deshalb wichtig, weil viele Angst vor Angriffen aus der rechtsextreme Szene hätten. Dass diese Forderung von der Koalition “abgeschwächt” worden sei, und die Einrichtung eines Online-Formulars “nur” geprüft werden soll, lasse laut Schatz erkennen, das es “mehr Antrieb” im Kampf gegen Rechtsextremismus brauche.

Friedrich Ofenauer (ÖVP) betonte die besondere Verantwortung Österreichs, bei diesem Thema mit Sensibilität vorzugehen. “Biotope”, wo derartige Verbrechen geduldet werden, müssten “ausgetrocknet” werden und es dürften unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit Menschengruppen nicht herabgewürdigt werden.

Als “gut gemeint, aber nicht richtig durchdacht” betrachte Christian Ries (FPÖ) den Antrag. Er zeigte die aus seiner Sicht problematischen Aspekte der Möglichkeit auf, anonym Personen melden zu können. Diese Problematik sah Georg Bürstmayr (Grüne) nicht, da zwischen Anzeige und Prozess im Allgemeinen ohnehin eine Ermittlung liege. Zudem gehe es beim Rechtsextremismus um “extrem gewaltbereite Strukturen und Personen”, die diese Anonymität notwendig machten.

ÜBERPRÜFUNG DER AMA-MARKETING GESMBH

Nach dem Landwirtschaftsausschuss befasste sich auch das Nationalratsplenum mit dem Tätigkeitsbericht der AMA für das Jahr 2021. Zentrale Aufgaben der AMA-Marketing GesmbH sind laut Eigenbeschreibung die Förderung des Absatzes von land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen, die Erschließung und Pflege von Märkten im In- und Ausland, die Verbesserung des Vertriebes und der Qualität sowie die Vermittlung von relevanten Informationen für die Verbraucher:innen. Insgesamt 42.562 landwirtschaftliche Betriebe waren im AMA-Gütesiegel-Programm eingebunden. Zur Überprüfung der Anforderungen fanden im Berichtszeitraum etwa 17.000 Vor-Ort-Kontrollen sowie rund 5.000 Produkt- und Rückstandsanalysen bei Lebensmitteln statt. Ihre Einnahmen bezieht die AMA-Marketing größtenteils aus Beiträgen. Laut dem Bericht standen daraus im Jahr 2021 Einnahmen von rund 19,2 Mio. € zur Verfügung.

Ein im Zuge der Debatte eingebrachter Entschließungsantrag der FPÖ fand keine Mehrheit. Dieser zielte auf die Abschaffung der “versteckten Grundsteuer” zur Finanzierung der AMA Marketing GesmbH im Umfang von rund 27 Mio. € und die Ersetzung des AMA-Gütesiegels durch eine “echte Herkunftskennzeichnung als Garant für heimische Qualität”.

BERICHTE DES RECHNUNGSHOFS EINSTIMMIG ZUR KENNTNIS GENOMMEN

Zu Ende der Nationalratssitzung standen mehrere Berichte des Rechnungshofausschusses auf der Tagesordnung. Darin ging es um die Erkenntnisse des Prüforgans des Bundes über den Stand der Prävention und Bekämpfung von Cyberkriminalität in den Jahren 2016 bis 2019. Eine der zentralen Empfehlungen des Rechnungshofs richtet sich an das Innenministerium und das Justizministerium. Angeregt wird, dass diese gemeinsam jene Delikte definieren, die unter den Begriff Cyberkriminalität zu subsumieren sind, um auf dieser Basis vergleichbare Zahlen erheben und darstellen sowie wirksame Steuerungsmaßnahmen ergreifen zu können.

In einem weiteren Rechnungshofbericht geht es um die Koordination der Cyber-Sicherheit, die auf Bundesebene vom Bundeskanzleramt, dem Innenministerium, dem Verteidigungsministerium sowie vom Außenministerium wahrgenommen wird. In seiner Betrachtung der Jahre 2018 bis 2021 orte das Prüfungsorgan Verbesserungsbedarf bei der Erstellung von Krisen-, Kontinuitäts- und Einsatzplänen und hält ein permanent verfügbares Cyber-Einsatzteam ebenso für ratsam wie ein Cyber-Lagezentrum zur Bearbeitung von Notfällen.

Weiters befasste sich der Rechnungshof mit den Asylbetreuungseinrichtungen des Bundes für den Zeitraum 2013 bis 2020. Die Prüfer:innen des Rechnungshofes stellten dabei grundsätzlich fest, dass das Innenressort bis 2014 mit den bis dahin vorhandenen Einrichtungen in der Lage war, die Bundesbetreuung bedarfsgerecht durchzuführen. Wegen der stark steigenden Asylantragszahlen, fehlenden eigenen Reserven und Unterbringungsmöglichkeiten in den Ländern sei es aber vor allem im Zuge der Migrationskrise 2015/2016 notwendig geworden, rasch weitere Kapazitäten aufzubauen. Auch wenn es gelungen sei, Obdachlosigkeit bei Asylwerbenden zu verhindern, habe man dabei nicht immer die wirtschaftlich und rechtlich beste Lösung erzielt, merkte der Rechnungshof an.

Ein beträchtlicher Teil der Asylwerber:innen und insbesondere der subsidiär Schutzberechtigten befindet sich in der Grundversorgung in Wien. Hier betrachtete der Rechnungshof die operative Vollziehung in den Jahren 2014 bis 2019. Im überprüften Zeitraum oblagen diese dem Fonds Soziales Wien. Wien hatte damit als einziges Bundesland alle Aufgabenbereiche in die Privatwirtschaftsverwaltung übertragen. Hier ortete der Rechnungshof eine Reihe von Vollzugsproblemen und unklare Regelungen. Grundsätzlich vermisste der Rechnungshof einen Überblick über die Gesamtkosten des Systems der Grundversorgung, das von Bund und Ländern getragen wird. Der Rechnungshof empfahl daher dem Innenministerium, gemeinsam mit den Ländern die Gesamtkosten der Grundversorgung zu erheben und jährlich entsprechende Berichte zu erstellen.

Im Verkehrsbereich hat sich der Rechnungshof außerdem mit der Erweiterung der Parkraumbewirtschaftung in Wien befasst. Hier liegen die Ergebnisse einer Follow-up-Überprüfung vor. Eine weitere Follow-up-Überprüfung betraf die Verhängung von Verkehrsstrafen. (Schluss Nationalrat) wit/sox/keg/gs

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

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