Kurzdebatte im Nationalrat: Grüne kritisieren fehlende Transparenz bei Postenbesetzungen

Kurzdebatte im Nationalrat: Grüne kritisieren fehlende Transparenz bei Postenbesetzungen

Fristsetzungsantrag für Maßnahmenpaket bleibt in der Minderheit

Die Grünen nahmen die Bestellung von Ex-Kanzler Karl Nehammer ins Direktorium der Europäischen Investitionsbank zum Anlass, um intransparente Postenbesetzungen der neuen Regierung zu kritisieren. In einem Antrag treten sie für ein Maßnahmenpaket für mehr Transparenz ein. Die Grünen wollten, dass der Verfassungsausschuss sich bis 12. Mai mit ihrem Antrag befasst und verlangten in der heutigen Nationalratssitzung eine Kurze Debatte zu ihrem Fristsetzungsantrag.

Konkret fordern die Grünen ein Online-Transparenzregister für Spitzenjobs, die Ausweitung des Hinweisgeberschutzes auf Postenschacher, eine Pflicht zur Begründung bei Bestellungen von hochrangigen Positionen und einen Lückenschluss bei der Ausschreibungspflicht. Der Fristsetzungsantrag bis 12. Mai fand keine Mehrheit.

TOMASELLI (GRÜNE): BESETZUNG ERINNERT AN ALTEN PROPORZ

Die schwarz-rot-pinke Koalition habe Transparenz gelobt, bereits kurze Zeit später aber Nehammer ohne Ausschreibung und Auswahlverfahren für den Posten in der Europäischen Investitionsbank (EIB) nominiert, kritisierte Antragstellerin Nina Tomaselli (Grüne). Das erinnere an den „alten rot-schwarzen Proporz“. Nehammer habe den Job nicht erhalten, weil ein ausgeklügeltes Auswahlverfahren ihn als den „besten Mann“ ergeben habe, sondern, weil es der ÖVP wichtig gewesen sei, dass der Altkanzler nach seinem Abgang „möglichst weich falle“, sagte Tomaselli mit Blick auf den hochdotierten Posten. Die Abgeordnete gestand ein, dass die Grünen in ihrer Regierungsbeteiligung mit der ÖVP einen geheimen „Sideletter“ vereinbart hatten. Dieser sei ein Fehler gewesen. Öffentliche Postenbesetzungen würden zur Politik gehören und seien an sich „nichts Schäbiges“, solange sichergestellt werde, dass die bestqualifizierten Personen die Jobs erhalten.

FPÖ KRITISIERT EUROPÄISCHE TOPJOBS FÜR NEHAMMER UND BRUNNER

Kritik an der Bestellung Nehammers ins Direktorium der EIB übte auch Dagmar Belakowitsch (FPÖ). Nehammer werde damit belohnt für sein „Versagen als Innenminister und Kanzler“. Als Innenminister habe er die Corona-Politik und den Terroranschlag in Wien zu verantworten. Als Kanzler habe er ein „Budgetdesaster“ hinterlassen. Auch die Nominierung des ehemaligen Finanzministers Magnus Brunner zum EU-Kommissar bezeichnete Belakowitsch als „Postenschacher“. Der SPÖ, den NEOS und den Grünen warf sie vor, „mit dabei“ gewesen zu sein.

ÖVP: POSTENBESETZUNGEN TRANSPARENT IM REGIERUNGSPROGRAMM

Wolfgang Gerstl (ÖVP) betonte, dass die aktuelle Bundesregierung zum ersten Mal keine geheimen „Sideletter“ abgeschlossen habe, sondern Postenbesetzungen transparent im Regierungsprogramm niedergeschrieben habe. Als nächste große Nachbesetzung würden etwa Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs anstehen. Es sei offen geregelt, dass das Vorschlagsrecht zunächst der SPÖ und danach den NEOS obliege. Für beide Stellen habe es bereits Ausschreibungen gegeben, so Gerstl. Den Grünen warf er vor, in ihrer Zeit in der Regierung selbst Posten besetzt zu haben, etwa im ASFINAG-Aufsichtsrat. Die Vorwürfe der Freiheitlichen wies er zurück.

SPÖ: GRÜNE HÄTTEN IN REGIERUNGSZEIT TRANSPARENZ-FORDERUNGEN UMSETZEN KÖNNEN

Muna Duzdar (SPÖ) zeigte sich „verwundert“ über den Antrag der Grünen. Die Partei sei immer dann der stärkste Verfechter von Transparenz, wenn sie in Opposition sei, so Duzdar. Sie fragte die Grünen, was sie in den letzten fünf Jahren daran gehindert habe, die Forderungen des Antrags selbst umzusetzen. „Jetzt spielt ihr euch als moralische Instanz auf“, warf Duzdar den Grünen-Abgeordneten vor. Es habe noch nie eine Bundesregierung gegeben, die so transparent mit der Besetzung der Positionen in den wichtigsten Institutionen der Republik umgegangen sei wie die aktuelle, zeigte die Abgeordnete sich überzeugt.

NEOS WEISEN AUF „SIDELETTER“ DER GRÜNEN HIN

Markus Hofer (NEOS) hätte sich von den Grünen mehr Ehrlichkeit in der Debatte erwartet. Sie seien es schließlich gewesen, die mit der ÖVP einen „Sideletter“ vereinbart haben. Die NEOS hätten nun Transparenzschritte möglich gemacht, sagte Hofer mit Verweis auf das Regierungsprogramm. Dort seien alle Posten aufgezählt, die von der Regierung gemeinsam zu besetzen seien. Die angesprochene Stelle in der EIB zähle nicht dazu, sondern sei in der Verantwortung des Finanzministeriums.

GRÜNE: REGIERUNG MUSS SICH MEHR ANSTRENGEN FÜR TRANSPARENZ

Genau das kritisierte Sigrid Maurer (Grüne). Es handle sich im Regierungsprogramm eben um keine vollständige Liste. Die NEOS selbst hätten von Nehammers Besetzung aus der Zeitung erfahren, sagte sie. Es gehe nicht um Karl Nehammer selbst, der als Kanzler gute Verdienste aufweise. Es gehe um die Frage, wie Postenbesetzungen ablaufen. Wenn man Transparenz wolle, müsse man sich mehr anstrengen, sagte Maurer zur Regierung. Die Nominierung für die Stelle im EIB-Direktorium sei „keine Glanzleistung“ gewesen. (Fortsetzung Nationalrat) kar

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