Eibinger-Miedl: Österreich unter den EU-Top-Ländern bei Aufgriffen in der Produktpiraterie

Eibinger-Miedl: Österreich unter den EU-Top-Ländern bei Aufgriffen in der Produktpiraterie
Debatte im Finanzausschuss über Produktpirateriebericht 2024
2024 hat der Zoll in Österreich 6.327 Sendungen nach der EU-Produktpiraterie-Verordnung aufgegriffen. Daraus haben insgesamt 9.974 Verfahren resultiert. Der Wert der dabei beschlagnahmten 128.898 Produkte betrug – gemessen am Originalpreis – mehr als 38 Mio. Ꞓ. Bei den Aufgriffen im Produktpirateriebereich liege Österreich damit unter den Top-Ländern in der EU, und zwar an dritter Stelle hinter Deutschland und Belgien, so Finanzstaatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl. Besonders besorgniserregend sei das Thema, wenn es um Medikamente gehe. Zu entnehmen sind die Zahlen dem Produktpirateriebericht 2024, der heute im Finanzausschuss zur Debatte stand und einstimmig zur Kenntnis genommen wurde.
Zwei Anträge der Grünen zum Fall Signa sowie zur Besteuerung von Digitalkonzernen wurden mit den Stimmen der Dreierkoalition vertagt.
GEFAHR VON ILLEGALEN MEDIKAMENTEN UND PLAGIATEN ÜBER INTERNETBESTELLUNG
Als besorgniserregend stuft das Finanzministerium die Entwicklung bei Medikamentenfälschungen bzw. illegalen Medikamenten ein, zumal 2024 in Österreich 7.147 Sendungen mit insgesamt 378.109 gefälschten und anderen illegalen Medikamenten beschlagnahmt worden seien. Gefälschte und illegale Medikamente verursachen demnach nicht nur einen wirtschaftlichen Schaden für die Pharmawirtschaft, sondern stellen auch eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Gesundheit dar, warnt das Finanzministerium. Häufig werden diese nicht gemäß den einschlägigen Rezepturen zubereitet, möglicherweise sind gefährliche Inhaltsstoffe enthalten, so der Produktpirateriebericht 2024 (III-142 d.B.). Was die besonderen Herausforderungen mit Internetbestellungen betrifft, seien im Jahr 2024 im Postverkehr 6.223 Sendungen mit online bestellten Fälschungen aufgegriffen worden. Die in Österreich aufgegriffenen Plagiate wurden hauptsächlich aus dem asiatischen Raum versendet und dürften zum Großteil auch dort hergestellt worden sein, hält das Finanzministerium fest.
Finanzstaatssekretärin Eibinger-Miedl sagte, dass gefälschte Waren ein Risiko für Konsument:innen darstellen können, etwa durch Chemikalien in Spielwaren. Sie wies außerdem auf die wirtschaftlichen Negativeffekte hin, zumal in Österreich 30 % aller Arbeitsplätze und 44 % des BIP in schutzrechtsintensiven Bereichen angesiedelt seien. Der Bericht zeige aber auch, dass der Zoll in Österreich sehr gut aufgestellt sei. Vieles laufe hier über internationale Zusammenarbeit, hielt ein Experte des Ministeriums fest.
Auf Fragen dazu etwa von Christoph Pramhofer (NEOS) und Gerhard Kaniak (FPÖ) meinte die Staatssekretärin, dass zur Bewusstseinsbildung, welche Gefahren hinter Produktpiraterie stecken, Öffentlichkeitsarbeit gemacht werde und eine eigene Taskforce gegründet worden sei. Diese Bewusstseinsbildung sei ein Thema für viele Stakeholder. Es brauche im Hinblick auf die gesamteuropäische Entwicklung weitere Aufklärung.
Bei der Zollfreigrenze von 150 Ꞓ hierzulande, die neben Pramhofer etwa auch Barbara Teiber (SPÖ) thematisierte, setze man sich ein, dass diese fällt, so Eibinger-Miedl. Sie könne aber noch keinen Zeitplan nennen.
Was etwa die von Kaniak und Teiber angesprochenen „Online-Riesen“ aus China betrifft, wies die Staatssekretärin darauf hin, dass es 2024 4,6 Mrd. E-Commerce-Sendungen in Europa gegeben habe. In Österreich seien 1,7 Mio. davon verzollt worden, weil viele Sendungen auch über andere Märkte in Europa kommen würden. Man bringe sich von österreichischer Seite sehr gut ein, es brauche hier aber die europäische Zusammenarbeit, um etwas zu bewirken.
GRÜNE FORDERN KONSEQUENZEN AUS DEM FALL SIGNA
Vertagt wurde ein Antrag der Grünen, mit dem diese nach der Insolvenz des Immobilienkonzerns Signa Holding Reformen fordern. Geht es nach Nina Tomaselli (Grüne), so sollten Strafen für das Nicht-Einreichen von Bilanzen von bis zu fünf Prozent des weltweiten Umsatzes eingeführt werden, ebenso wie eine Konsolidierungspflicht für alle verbundenen Unternehmen. Die Grünen sprechen sich für eine Prüfpflicht für Jahresabschlüsse von „kleinen“ GmbHs aus, wenn ein Schwellenwert um mehr als das 5-fache überschritten wird. Bei Stiftungen treten die Grünen für eine Offenlegung aller Begünstigten ein. Überdies fordern sie strengere Steuervorschriften für Luxusimmobilien. Die Bundesregierung wird mittels Entschließungsantrag außerdem zur Mitwirkung an der Implementierung eines Europäischen Vermögensregisters auf EU-Ebene aufgefordert (45/A(E)).
Nach dieser historisch gesehen größten Firmenpleite in Österreich von Signa stelle sich die Frage, welche „Schlupflöcher“ gesetzgeberisch nunmehr zu „stopfen“ seien, meinte Jakob Schwarz (Grüne) und wies auf die Vorschläge des Antrags hin. Markus Hofer (NEOS) sieht allerdings durch den Antrag das ganze Thema Stiftungsrecht in ein falsches Licht gerückt. Es brauche zu dem Thema eine konstruktive und gemeinsame Diskussion, weil Stiftungen, etwa auch die gemeinnützigen, ein wichtiger Bestandteil in Österreich seien. Barbara Teiber (SPÖ) gab den Grünen zwar „vollinhaltlich“ recht, dass der Signa-Skandal Konsequenzen haben müsse. Es gelte aber, genau hinzuschauen. Sie wies darauf hin, dass seitens der Dreierkoalition an einem Paket zur Bekämpfung von Steuerbetrug und unerwünschter Steuervermeidung gearbeitet werde.
GRÜNE FÜR FAIRE UND GERECHTE BESTEUERUNG VON DIGITALKONZERNEN
Internationale Digitalkonzerne würden in Österreich Milliardenumsätze erzielen, aber im Verhältnis dazu wenig Steuern abführen, kritisieren die Grünen außerdem und mahnen einen fairen Steuerbeitrag ein. Mittels Entschließungsantrag fordert Süleyman Zorba (Grüne) die Bundesregierung auf, Anpassungen der Digitalsteuer auszuarbeiten und sich auf EU-Ebene für eine EU-weite Einführung einer Digitalsteuer einzusetzen (262/A(E)). Aktuell würden den EU-Staaten wegen der fehlenden Modernisierung des Steuersystems für digitale Dienstleistungen jährlich etwa 5 Mrd. Ꞓ an Steuereinnahmen entgehen. Die geringeren Steuern im Vergleich zu europäischen Unternehmen würden auch zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Auch dieser Antrag wurde vertagt.
Das Thema werde immer wieder diskutiert, meinte Süleyman Zorba (Grüne). Er habe angesichts der budgetären Lage kein Verständnis, warum man in Österreich derzeit von einer Digitalsteuererhöhung abgesehen habe. Es gebe ein klares Bekenntnis zur Ausgestaltung der Digitalsteuer, idealerweise auf europäischem Niveau, meinte dazu Markus Hofer (NEOS). Es brauche hier aber ein taktisch geschicktes und realistisches Vorgehen. Auch Staatssekretärin Eibinger-Miedl wies auf ein grundsätzliches Commitment zu diesem Thema hin. Aufgrund der Ereignisse der letzten Wochen sei man derzeit aber zu dem Schluss gekommen, bei diesem Thema nicht „vorzupreschen“. Christoph Pramhofer (NEOS) sprach sich außerdem dafür aus, dass es Digitalkonzerne in Europa geben sollte. Andreas Hanger (ÖVP) erachtet das Thema Besteuerung von Digitalkonzernen als ein starkes Instrument, das es gelte, zum richtigen Zeitpunkt, am besten auf europäischer Ebene, einzusetzen. (Schluss Finanzausschuss) mbu
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