Armut per Gesetz: Sparpläne der Regierung verschärfen Prekarität im Kulturbereich

Armut per Gesetz: Sparpläne der Regierung verschärfen Prekarität im Kulturbereich

Wegfall des geringfügigen Zuverdiensts für Arbeitslose trifft Kulturschaffende hart– vidaflex fordert realitätsnahe arbeitsmarktpolitische Lösungen

vidaflex, die gewerkschaftliche Initiative für Ein-Personen-Unternehmen und Neue Selbstständige, übt scharfe Kritik an der geplanten Neuregelung beim Arbeitslosengeld, die den geringfügigen Zuverdienst für Bezieher:innen künftig streichen soll. Eine Maßnahme, die insbesondere jene trifft, die sich bereits in einer sozialen Notlage befinden. Für viele Künstler:innen fällt damit eine der letzten Möglichkeiten weg, branchentypische Zeiten der Erwerbslosigkeit zumindest teilweise abzufedern. Anstatt die Kulturszene in Zeiten der Krise zu stützen, entzieht man ihr so endgültig den Boden unter den Füßen.

ARBEITSREALITÄT DER KULTURBRANCHE WIRD IGNORIERT

Anstellungen im Kunst- und Kulturbereich sind oft befristet, projektbezogen oder von kurzer Dauer. Dazwischen liegen immer wieder Wochen oder Monate, in denen nicht unmittelbar eine neue Stelle gefunden werden kann. In dieser Zeit der Arbeitslosigkeit nutzen viele die Möglichkeit eines geringfügigen Zuverdiensts nicht nur zur Sicherung des Lebensunterhalts, sondern auch, um den Kontakt zur Branche nicht zu verlieren. „Wer diese Brücke abreißt, nimmt Künstler:innen nicht nur eine wichtige Einkommensquelle, sondern auch Sichtbarkeit am Arbeitsmarkt“, warnt Nadja Puttner, Sprecherin für Kunst und Kultur bei vidaflex. „Auch die Weiterführung bestehender geringfügiger Beschäftigungen – etwa durch Abendverträge oder selbständige Tätigkeiten – wird so zum Nachteil der Betroffenen verunmöglicht.“

AMS-BEZUG LIEGT UNTER DER ARMUTSGRENZE

Laut aktuellen Recherchen liegt das durchschnittliche Einstiegsgehalt in der Kulturbranche bei 1.788 Euro brutto (Quelle: paylab.com), was im Fall der Arbeitslosigkeit einem AMS-Bezug von rund 813 Euro netto entspricht – deutlich unter der Armutsgefährdungsschwelle von 1.661 Euro (EU-SILC 2024). Der geringfügige Zuverdienst war bislang ein notwendiger Rettungsanker. Wird dieser nun gekappt, geraten viele Kulturschaffende in existenzielle Not.

Besonders widersinnig wird es, wenn es um geringfügige Einkünfte aus Tantiemen geht, also Erlöse aus bereits erbrachter künstlerischer Arbeit. Diese Zahlungen erfolgen oft zeitversetzt – auch dann, wenn eine Person bereits beim AMS gemeldet ist. Das kann nun zu einer Aberkennung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld oder sogar einer Rückforderung führen. „Es ist absurd: So werden Künstler:innen faktisch aus dem Erwerbsleben gedrängt. Jede geringfügige Tätigkeit während des Bezugs von Arbeitslosengeld sofort zu unterbinden, ist völlig realitätsfern und verhindert im schlimmsten Fall zukünftige Engagements“, kritisiert Puttner. „Die Arbeitsrealitäten im Kulturbereich müssen von der Gesetzgebung endlich berücksichtigt werden!“

KULTURARBEIT BRAUCHT PERSPEKTIVEN

Die geplante Maßnahme geht an der Lebensrealität tausender Menschen vorbei und straft gerade jene, die aktiv bleiben und sich bemühen, neue Perspektiven zu schaffen. „Es ist ein gefährliches Signal, wenn Arbeitssuchende für Eigeninitiative de facto bestraft werden“, so Puttner weiter. „Gerade in der freien Szene, die von mangelnder sozialer Absicherung und großem Idealismus geprägt ist, wirkt dieser Eingriff wie eine gezielte Verdrängung aus dem System.“

vidaflex
Sprecherin für Kunst und Kultur
Nadja Puttner
Telefon: +43 699 18674458
E-Mail: nadja.puttner@vidaflex.at

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