Verfassungsausschuss billigt Nulllohnrunde für Spitzenpolitiker:innen

Verfassungsausschuss billigt Nulllohnrunde für Spitzenpolitiker:innen

Abgeordnete erhalten ein Plus von 4,85 %, Gehälter im Bundesdienst steigen um 9,15 % bzw. 192 €

Der Verfassungsausschuss des Nationalrats hat heute die von ÖVP und Grünen vorgeschlagene Nulllohnrunde für Spitzenpolitiker:innen einhellig gebilligt. Trotz einiger Vorbehalte stimmten auch die Oppositionsparteien geschlossen für den Koalitionsentwurf. Damit werden die Bezüge des Bundespräsidenten, der Regierungsmitglieder und Staatssekretär:innen, der drei Nationalratspräsident:innen, der Klubobleute, der Rechnungshofpräsidentin und der drei Volksanwält:innen im nächsten Jahr nicht erhöht. Insgesamt sind rund 30 Personen betroffen. Für die Abgeordneten und die Mitglieder des Bundesrats ist eine halbe Inflationsanpassung und somit eine Bezugserhöhung von 4,85 % vorgesehen.

Auch der zwischen Regierung und Beamten-Gewerkschaft vereinbarte Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst erhielt grünes Licht vom Ausschuss. Die Gehälter von Bundesbeamt:innen und Vertragsbediensteten werden demnach im kommenden Jahr um 9,15 % bzw. mindestens 192 € steigen. Für niedrige Bezüge bedeutet das ein Plus von 9,71 %.

Die FPÖ hatte beantragt, auch hochrangige Landespolitiker:innen wie Landeshauptleute, Landesrät:innen und Landtagspräsident:innen in die Nulllohnrunde mit einzubeziehen, konnte sich mit einer entsprechenden Initiative jedoch nicht durchsetzen. Weitere Anträge der Opposition wurden vertagt, wobei unter anderem Forderungen nach höheren Grundbezügen für Exekutivbeamt:innen, eine Weiterentwicklung des Grundrechtekatalogs und ein Reformpaket für die Bundesverwaltung zur Diskussion standen.

REGELMÄSSIGE NULLLOHNRUNDEN

Nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen hätten die Bezüge aller Politiker:innen im kommenden Jahr um 9,7 % steigen müssen. Maßgeblich für die jährliche Anpassung ist die Inflationsrate bzw. die Pensionserhöhung, wobei der jeweils niedrigere Wert zum Tragen kommt. Allerdings wichen die Abgeordneten schon in der Vergangenheit immer wieder vom gesetzlichen Automatismus ab. Zuletzt gab es in den Jahren 2019 und 2021 eine Nulllohnrunde für Spitzenpolitiker:innen, 2018 blieben alle Politiker:innenbezüge auf Bundesebene eingefroren.

ÖVP-Abgeordneter Johann Singer begründete den von Wolfgang Gerstl (ÖVP) und Agnes Sirkka Prammer (Grüne) eingebrachten Antrag (2723/A) damit, dass dieser “den Anforderungen der Zeit” entspreche. Auch Eva Blimlinger (Grüne) hält eine Zurückhaltung der Politik in Sachen Gehaltserhöhung angesichts der aktuellen Lage für “in Ordnung”. Man müsse aber auch sehen, dass regelmäßige Nulllohnrunden für Politiker:innen ein Ausdruck dessen seien, dass die Arbeit von Politiker:innen wenig wertgeschätzt werde.

Was die von der FPÖ geforderte Einbeziehung von Landespolitiker:innen betrifft, wies Singer darauf hin, dass sich die Länder für unterschiedliche Modelle entschieden hätten. Auch Blimlinger meinte, die Länder könnten das selbst regeln. Allerdings sieht sie kritisch, dass mittlerweile manche Bürgermeister:innen deutlich mehr verdienen als etwa Bundesrät:innen.

Seitens der SPÖ erklärte Alois Stöger, angesichts der Performance der Regierung sei eine Nulllohnrunde mehr als gerechtfertigt. Nur zwei der betroffenen Politiker:innen haben seiner Meinung nach einen guten Job gemacht: “der Volksanwalt” und Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures. Allerdings sieht Stöger fortlaufende Nulllohnrunden aus demokratiepolitischer Sicht auch kritisch: Man müsse sich fragen, wo der Punkt sei. Schließlich verdiene der Bundeskanzler arbeitszeitbereinigt zum Teil schon jetzt weniger als ein Abteilungsleiter.

FPÖ-Abgeordneter Werner Herbert bedauerte, dass die Nulllohnrunde nur für Bundespolitiker:innen gelten wird. Die Regierungsvorlage greife zu kurz, meinte er. Um auch die Mitglieder der Landesregierung inklusive der Landeshauptleute, die Landtagspräsident:innen, die Klubobleute in den Landtagen und die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr – als Bürgermeisterin der größten österreichischen Stadt außer Wien – zu erfassen, beantragte Herbert eine Novellierung des Bezügebegrenzungsgesetzes, die von den anderen Fraktionen jedoch abgelehnt wurde. Es gehe nicht um “Politiker-Bashing”, betonte Herbert, angesichts der wirtschaftlichen Situation der Bevölkerung sei die Nulllohnrunde aber ein notwendiger Schritt zur “Herstellung von sozialer Gerechtigkeit”.

BREITE ZUSTIMMUNG ZUM GEHALTSABSCHLUSS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST

Dem Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst stimmten ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grüne zu. Die entsprechenden Gehaltstabellen wurden in einen ebenfalls von den Koalitionsparteien  eingebrachten Gesetzesantrag (3734/A) eingefügt, der ursprünglich lediglich redaktionelle Korrekturen enthielt. Vorgesehen ist ein Gehaltsplus von 9,15 % bzw. mindestens 192 €, was für die geringsten Gehälter einen Anstieg von 9,71 % bedeutet. Die Zulagen steigen ebenfalls um 9,15 %.

Sie freue sich sehr, dass der Gehaltsabschluss in dieser Form gelungen sei, sagte Eva Blimlinger (Grüne). Schließlich sorge der öffentliche Dienst dafür, “dass die Republik funktioniert”.

Auch Romana Deckenbacher (ÖVP) und Selma Yildirim (SPÖ) äußerten großes Lob für die Beamt:innen und Vertragsbediensteten und begrüßten in diesem Sinn “den guten Abschluss”. Dieser ist nach Meinung von Yildirim auch deshalb notwendig, weil die Regierung die Teuerung durch die Abstandnahme von Preiseingriffen hoch gehalten habe. Sie gab außerdem zu bedenken, dass die Gehälter im öffentlichen Dienst in vielen Bereichen nicht mit der Privatwirtschaft mithalten könnten, deshalb sei es etwa auch schwierig, Kanzleikräfte für Gerichte oder Justizwachebeamt:innen zu finden. Auch Deckenbacher verwies auf 8.000 offene Stellen im öffentlichen Dienst

Von einer “guten Lohnerhöhung”, die im Prozentsatz “durchaus akzeptabel ist”, sprach FPÖ-Abgeordneter Werner Herbert. Er stellte in diesem Sinn auch die Zustimmung seiner Fraktion zum Gesetzentwurf in Aussicht, wiewohl die FPÖ Fixbeträge bevorzugt hätte. Von solchen hätten untere Einkommensbezieher:innen mehr profitiert, als ohnehin schon gut verdienende Spitzenbeamt:innen, unterstrich Herbert.

NEOS HALTEN GEHALTSABSCHLUSS FÜR ZU HOCH

Kritik am Gehaltsabschluss äußerte demgegenüber Gerald Loacker (NEOS). Er erinnerte daran, dass Finanzminister Magnus Brunner noch im Sommer die Kollektivvertragspartner zu Lohnzurückhaltung aufgerufen und Steuerbegünstigungen für Einmalzahlungen in Aussicht gestellt habe. Nun gebe es im öffentlichen Dienst ein deutlich höheres Plus als in der Metallbranche. Rechne man die Biennien ein, handle es sich sogar um eine Gehaltserhöhung im zweistelligen Prozentbereich. Seiner Ansicht nach wäre eine Mäßigung – etwa in der Höhe von 8,15 % – angezeigt gewesen, zumal die Einkommen der öffentlich Bediensteten den Einkommen der Arbeiter:innen und Angestellten in den letzten Jahren ohnehin “davongelaufen” seien. Auch hätte man im Gegenzug zum großzügigen Gehaltsplus “etwas herausholen können” wie etwa den Entfall der bezahlten Mittagspause, sagte Loacker. Er wies zudem darauf hin, dass die Bundesregierung in ihrer Amtszeit 4.700 zusätzliche Planstellen geschaffen habe.

KOGLER: IM BUDGET WAR GEHALTSPLUS VON 9,1 % EINGESTELLT

Vizekanzler Werner Kogler hielt Loacker entgegen, dass, betrachte man die Lohnentwicklung seit dem Jahr 2008, der Privatbereich eine Spur besser abschneide als der öffentliche Dienst. Zudem müsse die Regierung als Arbeitgeber darauf achten, dass der öffentliche Dienst bei den Gehältern mit der Privatwirtschaft mithalten könne. Auch der Finanzminister kann das Gehaltsplus laut Kogler verkraften, ihm zufolge waren im Budget von Vornherein 9,1 % “eingestellt”. Fixbeträge seien bereits öfter vereinbart worden, man müsse aber darauf achten, dass das System “insgesamt im Gefüge bleibt”, führte er in Richtung FPÖ aus.

Zur Kritik an der Ausweitung des Stellenplans, merkte Kogler an, Österreich liege unter dem OECD-Schnitt, was den Anteil des öffentlichen Dienstes an der Gesamtzahl der Beschäftigten betrifft. Außerdem befinde sich der öffentliche Dienst gerade in einer “Transformationsphase”. Angesichts der bevorstehenden Pensionierungswelle müsse man vorbauen, um Wissenstransfer sicherzustellen. Ebenso sei es notwendig gewesen, dem Personalmangel in manchen Bereichen wie der Justiz entgegenzuwirken. Auch den Vorwurf von SPÖ-Abgeordneter Yildirim, dass die Regierung nichts gegen die Teuerung unternommen habe, wies der Vizekanzler zurück.

FPÖ FORDERT HÖHERES GRUNDGEHALT UND BESSEREN SCHUTZ FÜR POLIZIST:INNEN

Vom Verfassungsausschuss vertagt wurden vier Anträge der FPÖ. Die Abgeordneten Werner Herbert und Christian Lausch fordern unter anderem höhere Grundgehälter für Exekutivbeamt:innen durch Umwandlung von Zulagen, die Einführung zweier zusätzlicher Gehaltsstufen für dienstältere Polizist:innen und eine Ausweitung der Nachtdienstzeit (3765/A(E)) sowie eine Verringerung bzw. den gänzlichen Entfall von Pensionsabschlägen für Exekutivbeamt:innen, die Anspruch auf eine Schwerarbeitspension haben und mehr als 120 Schwerarbeitsmonate aufweisen (3763/A(E)).

Auch was einen besseren Schutz von Polizist:innen im Dienst betrifft, sehen Herbert und Lausch die Regierung gefordert (3766/A(E)). So plädieren sie etwa dafür, die Identität von Polizist:innen – etwa durch eine Abkehr von Namensschildern und Auskunftssperren im Meldegesetz – besser zu schützen, den Rechtsschutz für Exekutivbeamt:innen zu verbessern und die erst vor kurzem eingerichtete Beschwerdestelle gegen Polizeigewalt wieder abzuschaffen. Diese sei eine “Vernaderungs- und Diffamierungsstelle”, argumentieren die beiden FPÖ-Abgeordneten. Ebenso schießen ihrer Meinung nach Anklagebehörden und die für Exekutivbeamt:innen zuständige Dienst- und Disziplinarbehörde immer wieder “völlig über das Ziel hinaus” (3764/A(E)).

Als “billigen Populismus der untersten Schublade” beurteilte NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker die Forderungen der FPÖ. Er verstehe, dass Herbert als Polizeigewerkschafter ein Maximum “für seine Leute” herausholen wolle, als Abgeordneter hätte dieser aber die Aufgabe, das große Ganze zu sehen und keine unrealistischen Forderungen zu stellen, meinte er.

SPÖ-Abgeordnete Selma Yildirim hält einige Punkte in den Anträgen hingegen sehr wohl für diskussionswürdig. Ein Sonderstatus von Polizist:innen im Disziplinarverfahren kommt für sie aber keinesfalls in Frage. Laut Eva Blimlinger (Grüne) sollen die Vorschläge im Zuge einer “großen Besoldungsreform” beraten werden, weshalb ÖVP und Grüne für eine Vertagung der Initiativen stimmten.

SPÖ POCHT AUF NOVELLIERUNG DES BUNDESARCHIVGESETZES

Neuerlich im Ausschuss zur Diskussion stand eine von der SPÖ bereits im Juli 2020 eingebrachte Novelle zum Bundesarchivgesetz (743/A), die sicherstellen soll, dass künftig auch digitales Schrift- und Kommunikationsgut von Regierungsmitgliedern und anderer Oberster Organe im Staatsarchiv archiviert wird. Trotz einer im Jahr 2019 gefassten Entschließung des Nationalrats seien immer noch keine entsprechenden Schritte gesetzt worden, kritisiert Christian Drobits, dem es unter anderem um E-Mails, Chat-Nachrichten und Äußerungen von Staatsorganen in Sozialen Medien geht. Auch das Informationsfreiheitsgesetz sehe keine entsprechenden Regelungen vor. Zudem spricht sich Drobits dafür aus, Wissenschaftler:innen und Forscher:innen bereits nach zehn Jahren – und nicht erst nach zwanzig Jahren – Zugang zu den archivierten Beständen zu eröffnen.

Unterstützt wird die Initiative von den NEOS. Schon jetzt würden betroffene Stellen viel zu wenig Unterlagen an das Staatsarchiv liefern, hielt Johannes Margreiter fest. Erweitere man die Aufbewahrungspflicht nicht um digitales Schriftgut, könne man das Bundesarchivgesetz “gleich einstampfen”. Es gehe nicht um private Aufzeichnungen von obersten Organen, versicherte Drobits, sondern um solche, die in Zusammenhang mit ihrer Funktion stünden.

Eva Blimlinger (Grüne) gab zu bedenken, dass die Materie schon bei analogen Daten komplex sei. Letztlich entscheide das Staatsarchiv, was archiviert werde. Als Historikerin hätte sie am liebsten überhaupt keine Frist für die Forschung, sagte Blimlinger, man müsse aber auch beim Archivzugang die Datenschutz-Grundverordnung und den Persönlichkeitsschutz beachten. Für Rudolf Taschner (ÖVP) ist die zentrale Frage, “was archivwürdig ist”, es gebe ohnehin schon “einen Überfluss an Beiläufigkeiten”.

INFLATIONSANPASSUNG DER BASISABGELTUNG FÜR STAATLICHE EINRICHTUNGEN

Ebenfalls schon vor einiger Zeit eingebracht wurde ein Antrag der SPÖ (2711/A(E)), der darauf abzielt, die Basisabgeltung für bedeutsame ausgegliederte Rechtsträger des Bundes künftig jährlich an die Inflation anzupassen und die Basisabgeltung vorab außertourlich zu erhöhen, wenn die bereitgestellten Mittel aufgrund des bislang fehlenden Teuerungsausgleichs oder aufgrund von dringendem Investitionsbedarf nicht mehr ausreichen, um den jeweiligen gesetzlichen Auftrag in vollem Umfang nachzukommen. Als Beispiele nennt Abgeordnete Selma Yildirim etwa die Agentur für Ernährungssicherheit (AGES), die Statistik Austria oder die Bundesmuseen. Es brauche ausreichend öffentliche Mittel für zentrale Aufgaben wie Maßnahmen zur Epidemiebekämpfung, Lebensmittelkontrollen, die Aufbereitung amtlicher Statistiken oder den Schutz von Kulturgütern, argumentiert sie.

Zuletzt sei das Budget zwar bei einigen Einrichtungen erhöht worden, hielt Yildirim im Ausschuss fest, die Inflation werde damit aber nicht in erforderlichem Ausmaß abgegolten. Dem widersprachen Eva Blimlinger (Grüne) und Michaela Steinacker (ÖVP), unter anderem mit Hinweis auf das Budgetbegleitgesetz. Auch die Universitäten würden deutlich mehr Geld erhalten, betonte Blimlinger.

Auch NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker zeigte kein Verständnis für den Antrag. Das Budgetdefizit sei ohnehin viel zu hoch, argumentierte er und verwies in diesem Zusammenhang auch auf entsprechende Kritik von SPÖ-Budgetsprecher Kai Jan Krainer.

SPÖ FORDERT WEITERENTWICKLUNG DES GRUNDRECHTEKATALOGS

Ziel eines von Jörg Leichtfried eingebrachten SPÖ-Entschließungsantrags (3685/A(E)) ist die Schaffung sozialer Grundrechte. Obwohl im Regierungsprogramm eine Wiederaufnahme der Allparteienverhandlungen zur Erarbeitung eines österreichischen Grundrechtekatalogs samt Prüfung einer allfälligen Erweiterung des Grundrechtsschutzes und die Erarbeitung eines einheitlichen Katalogs von Staatszielbestimmungen in Aussicht genommen worden sei, fehlen bisher entsprechende Schritte, kritisiert er. Er ruft Verfassungsministerin Karoline Edtstadler daher auf, umgehend in einen Dialog mit allen Nationalratsfraktionen zu treten und auch Expert:innen und Vertreter:innen der Zivilgesellschaft in die Verhandlungen einzubinden. Schließlich dauere die Legislaturperiode nur noch ein Jahr, gibt Leichtfried zu bedenken.

Sabine Schatz (SPÖ) bekräftigte die Forderung im Ausschuss mit dem Hinweis, dass viele Menschen in Österreich von sozialer Ausgrenzung bedroht seien. Man müsse sich endlich an den Verhandlungstisch setzen und den Prozess zumindest einmal starten, forderte auch ihre Fraktionskollegin Muna Duzdar.

Agnes Sirkka Prammer (Grüne) glaubt allerdings nicht, dass über diese Frage in dieser Legislaturperiode noch eine Einigung erzielt werden kann. Das werde sich “nicht mehr ausgehen”, sagte sie. So realistisch müsse man sein, auch wenn es ihr leid tue. Der SPÖ-Antrag zeige, “wie schnell die letzten Jahre vergangen sind”.

Franz Leonhard Eßl (ÖVP) hielt der SPÖ entgegen, dass soziale Rechte in Österreich gesichert seien. Das soziale Netz sei so engmaschig, wie kaum in einem anderen Land in Europa, ist er überzeugt.

NEOS KRITISIEREN “POSTENSCHACHER”

Auf Wunsch der NEOS auf die Tageordnung gesetzt wurden Anträge von Nikolaus Scherak und Gerald Loacker, die unter anderem auf transparente Postenbesetzungen im öffentlichen Dienst (82/A(E)) und ein Zurückdrängen der Macht der Generalsekretär:innen in Ministerien (108/A) abzielen. Demnach soll es etwa verpflichtende öffentliche Hearings bei der Besetzung von Leitungsfunktionen und bei der Bestellung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern in staatsnahen Betrieben sowie eine Cooling-off-Phase für Politiker:innen und Parteifunktionär:innen geben. Generalsekretär:innen wiederum sollen wie in der Vergangenheit nur noch koordinierende Aufgaben wahrnehmen dürfen, zudem soll das Ausschreibungsgesetz auch für sie gelten.

Als Reaktion auf die Ergebnisse des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses fordern die NEOS außerdem ein “Reformpaket für die Bundesverwaltung” (3331/A(E)). Auch dabei geht es ihnen um Maßnahmen zur Verhinderung von “Postenkorruption” im öffentlichen Dienst und in staatsnahen Bereichen. Die erhebliche Macht, die Minister:innen bei der Personalauswahl zukomme, sei in der Vergangenheit immer wieder missbraucht worden, um Parteimitglieder zu versorgen, machen Scherak, Loacker und Stephanie Krisper geltend. Das habe zu einer Politisierung der Verwaltung beigetragen und deren Qualität verschlechtert.

Um dem entgegenzuwirken, schlagen die NEOS unter anderem vor, Auswahlkommissionen anders zu besetzen, Ministerkabinette zahlenmäßig zu begrenzen und einen Wechsel von Kabinetten in die Verwaltung zu erschweren. Zudem sollen Doppelfunktionen im Kabinett und in der Ministerialverwaltung verboten werden und Personalleihen nur mehr in begründeten Ausnahmefällen erlaubt sein. Umfassende Begründungspflichten für neue Geschäftseinteilungen und eine verpflichtende Einbindung des Rechnungshofs sollen verhindern, dass Reorganisationen zum Zweck parteipolitischer Umfärbungen durchgeführt werden. Auch die Entwicklung eines Einstiegstests (“Concours”) bei Tätigkeiten, die eine akademische Ausbildung voraussetzen, ist Teil des Forderungskatalogs.

Ein aktueller Fall zeige, wie wichtig Cooling-off-Phasen seien, sagte Gerald Loacker in der Debatte. So sei nur kurze Zeit nach der Zurücklegung seines Aufsichtsratsmandats bei der Asfinag bekannt geworden, dass der Generalsekretär des Umweltministeriums Herbert Kasser in den Asfinag-Vorstand wechsle.

Mit der aktuellen Konstruktion der Generalsekretär:innen wird nach Meinung Loackers außerdem das Verständnis von Beamt:innen als Staatsdiener:innen untergraben. Man signalisiere ihnen, dass ihr Chef immer “ein politisch besetzter” sein werde. Das wirke sich auch negativ auf die Bereitschaft aus, sich für höhere Positionen wie Sektionsleitungen zu bewerben. Johannes Margreiter (NEOS) sieht insbesondere auch die hohe Zahl von Kabinettsmitarbeiter:innen in den Ministerien kritisch.

Rückenstärkung erhielten die NEOS, was das Thema Generalsekretär:innen betrifft, von SPÖ-Abgeordneter Selma Yildirim. Deren Einrichtung in der aktuellen Form zeuge von Misstrauen der Minister:innen gegen ihre Beamt:nnen, sagte sie. Zudem würden diese den Steuerzahler:innen mehr als 200 Mio. € pro Jahr kosten.

FPÖ-Abgeordneter Werner Herbert meinte demgegenüber, Generalsekretär:innen hätten sich grundsätzlich bewährt, auch wenn manche Minister:innen darauf verzichten. Friedrich Ofenauer (ÖVP) wies auf deren koordinierende Funktion hin. Zudem stehe an der Spitze eines Ministeriums weiterhin stets der Minister bzw. die Ministerin. (Schluss) gs

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