Rechnungshofausschuss: Lange Verfahrensdauern und unbesetzte Stellen beim Bundesverwaltungsgericht

Rechnungshofausschuss: Lange Verfahrensdauern und unbesetzte Stellen beim Bundesverwaltungsgericht

Zadić: Erledigung der Verfahren innerhalb von sechs Monaten ist gesetzliche Verpflichtung und stratregisches Ziel

Der Rechnungshofausschuss befasste sich mit offenen Verfahren, langen Verfahrensdauern und unbesetzten Stellen am Bundesverwaltungsgericht (III-886 d.B.). Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker erkannte als Hauptprobleme neben dem Verfahrensanfall und der -dauer, eine den Anforderungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit entsprechende Grundausbildung bzw. verpflichtende Weiterbildung sowie die Bestellung der Präsidentin oder des Präsidenten bzw. der Vizepräsidentin oder des Vizepräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung. Der neue Präsident des Bundesverwaltungsgerichts, Christian Filzwieser, stand dazu Rede und Antwort im Rechnungshofausschuss.

Seit der Überprüfung habe der Verfahrenseingang deutlich zugenommen, informierte Justizministerin Alma Zadić. So seien im Jahr 2023 22.150 Verfahren eingegangen. Die Erledigung der Verfahren innerhalb von sechs Monaten sei nicht nur gesetzliche Verpflichtung sondern auch ein strategisches Ziel. Dazu habe der Präsident eine neue Berichtspflicht eingeführt, sagte die Ministerin. Sollte ein Verfahren über zwei Jahre dauern, sei der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts damit zu befassen.

KRAKER: TROTZ PERSONALERHÖHUNG WEITERHIN RÜCKSTAND BEI OFFENEN VERFAHREN

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) sei im Jahr 2014 eingerichtet worden. Es löste den Asylgerichtshof sowie mehr als 30 weitere Bundesbehörden ab, die bis dahin im Bereich Rechtsschutz tätig waren. Aus Sicht des Rechnungshofes wurde das Ziel der Einrichtung bislang nicht erreicht, denn es sollte die Verfahren beschleunigen. Der Rechnungshof zeigt in seinem Bericht hohe Verfahrensrückstände sowie die langen Verfahrensdauern auf. Dies betrifft vor allem den Bereich Asyl und Fremdenrecht. Zudem kritisierte Kraker im Rechnungshofausschuss, dass es für die am Bundesverwaltungsgericht tätigen Richterinnen und Richter keine entsprechende verpflichtende Grundausbildung gebe. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2018 bis 2021.

ZADIĆ: 2023 ZAHL DER VERFAHREN WEITER ZUGENOMMEN

Die deutlich größte Anzahl an Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht entfällt auf den Bereich Asyl- und Fremdenrecht. Im Jahr 2017 betrafen 30.600 von insgesamt rund 42.000 Verfahren diesen Bereich. 2021 waren es laut dem Prüfbericht des Rechnungshofs rund 8.500. Seit 2017 ging die Zahl der Verfahren pro Jahr deutlich zurück. Der Personalstand wurde zwischen 2014 und 2021 um 42 % erhöht. Dennoch waren Ende 2021 15.000 Verfahren offen, hob Kraker hervor.

Kritik vom Rechnungshof gab es auch zur Verfahrensdauer. Die gesetzlich vorgesehene Sechs-Monatsfrist sei bei mehr als 60 % der Fälle überschritten worden, hielten die Prüfer:innen fest. Jener Anteil der Verfahren, die mehr als zwei Jahre dauerten, lag zum Zeitpunkt der Prüfung bei zehn Prozent. Daher empfahl Kraker gezielte Maßnahmen zum Abbau der hohen Verfahrensrückstände. Die besonders belasteten Rechtsbereiche und Gerichtsabteilungen sollten personell und organisatorisch unterstützt werden.

Seit der Überprüfung habe der Verfahrenseingang deutlich zugenommen, führte Zadić aus. Aufgrund von Kapazitätsengpässen seien zusätzliche Planstellen beim Bundesverwaltungsgericht geschaffen worden. Seit ihrem Amtsantritt gebe es 70 zusätzliche Stellen, betonte Zadić. Zudem musste der geplante Abbau weiterer 80 Stellen nicht durchgeführt werden.

FILZWIESER: VERFAHRENSDAUERN WESENTLICH REDUZIERT

Alle Empfehlungen des Rechnungshofs, die umgesetzt werden können, befinden sich in Umsetzung und haben hohe Priorität, betonte Filzwieser, Präsident des Verwaltungsgerichtshofs. Die Verfahrensdauern konnten wesentlich reduziert werden. Mit Stand 30.4.2024 wurden 60 % der Verfahren innerhalb von sechs Monaten erledigt. Bei Dublin-Verfahren wurden diese innerhalb weniger Wochen abgeschlossen. Nach wie vor sei das Asyl- und Fremdenwesen sehr herausfordernd.

Nicht richterliches Personal unterstütze die Arbeit der Richter:innen wesentlich. Die Zahl der juristischen Mitarbeiter:innen konnte gesteigert werden, ging Filzwieser einher. Wesentliche Priorität sei, die Personalfluktuation gering zu halten. Er berichtete über “gute und effiziente Weiterbildungsmöglichkeiten”.

KRITIK AN BESTELLUNGSPROZEDERE DER PRÄSIDENTIN BZW. DES PRÄSIDENTEN DES VERWALTUNGSGERICHTSHOFS

Kraker äußerte zudem Bedenken bei der Bestellung der Präsidentin bzw. des Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts. Insgesamt stellte der Rechnungshof am Bundesverwaltungsgericht eine hohe Fluktuation juristischer Mitarbeiter:innen fest. Planstellen blieben unbesetzt, heißt es in dem Prüfbericht. Das Bundesverwaltungsgericht habe keine ausreichenden Maßnahmen gegen die Fluktuation gesetzt.

Alois Kainz (FPÖ) interessierte sich für jene Verfahren im Asylwesen, deren Bearbeitung über zwei Jahre dauert. Er pochte darauf, die Verfahren zu beschleunigen. Das Bundesverwaltungsgericht bezeichnete Johannes Margreiter (NEOS) als “richtiges Modell”. Der Bericht zeige aber Mängel insbesondere bei der Personalbesetzung auf. Er erkundigte sich nach Möglichkeiten die Besetzung zu entpolitisieren. Karin Greiner (SPÖ) sprach sich dafür aus, die Personalbesetzung an die ordentlichen Gericht anzupassen. Zudem befürwortete sie die vermehrte Anstellung von juristischem Personal zur Entlastung der Richter:innen.

Die Bestellung des Präsidenten liege nicht in der Zuständigkeit des Justizministeriums, verwies Zadić auf das Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport. Die Einigung habe länger gedauert, bestätigte sie. Jedoch “die Eignung des Präsidenten ist und war unbestritten”.

Zum Bestellungsprozedere gebe es Gespräche, wie dies auf neue Beine gestellt werden könne, informierte Zadić. Dabei würden die Empfehlungen des Rechnungshofs einfließen. Kraker sprach sich für die Einbindung von Personalsenaten aus, um zu verbindlichen Besetzungsvorschlägen zu gelangen.

FILZWIESER: LANGE VERFAHRENSDAUERN AUFGRUND FEHLENDER RESSOURCEN

Obwohl Franz Hörl (ÖVP) Erfolge bei der Verkürzung von Verfahrensdauern anerkannte, pochte er auf schnellere Entscheidungen in den Sektoren Wirtschaft und Infrastruktur. Er zeigte kein Verständnis für lange Verfahrensdauern beim Straßenneubau. Aktuell gebe es 17.000 offene Verfahren im Asyl- und Fremdenwesen, erfuhr Andreas Hanger (ÖVP). Ulrike Böker (Grüne) interessierte sich für die Reform Rechtspraktikantengesetz sowie für die Aus- und Weiterbildung des juristischen Personals.

Filzwieser hielt fest, dass jeder Rechtsbereich von gleicher Bedeutung sei und keine gesonderte Priorisierung erfolge. In UVP-Angelegenheiten entscheide eine spezialisierte Gruppe von Richter:innen. Es werde alles dafür getan, möglichst alle Verfahren innerhalb der gesetzlichen Entscheidungspflicht abzuschließen, so Filzwieser. Fehlende Ressourcen seien der Grund für lange Verfahrensdauern. Das Bundesverwaltungsgericht sei von externen Entwicklungen abhängig. Personalzuwächse würden hingegen Zeit in Anspruch nehmen. Daher könnten längere Verfahrensdauern nicht ausgeschlossen werden. Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.

WEITERE BERICHTE VERTAGT

Ein Bericht des Rechnungshofs zu wohnrechtlichen Schlichtungsstellen mit Schwerpunkt in Innsbruck und Salzburg (III-703 d.B.) wurde einstimmig zur Kenntnis genommen. Weitere Berichte des Rechnungshofes wurden zur Fristwahrung einstimmig vertagt. Darin ging es neben Social-Media-Accounts von Regierungsmitgliedern (III-1144 d.B.), um administratives Unterstützungspersonal an allgemeinbildenden Pflichtschulen (III-1154 d.B.) und Intelligente Messgeräte (Smart Meter) – Einführungsstand 2022 – (III-1155 d.B.). (Fortsetzung Rechnungshofausschuss) gla

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