Parlament: TOP im Nationalrat am 13. Juni 2024

Parlament: TOP im Nationalrat am 13. Juni 2024

Datenschutz, Agrardiesel, Arbeitsmarktzugang für Ukrainer:innen, elektronische Arbeitslosenanträge, Volksanwaltschaft, Cybersicherheit

Zum Auftakt des zweiten Sitzungstags im Nationalrat kommende Woche werden die Abgeordneten über einen Zugang von vertriebenen Ukrainer:innen zur “Rot-Weiß-Rot-Karte plus” und die künftig vorrangig elektronische Beantragung von Arbeitslosengeld beraten. Außerdem ist geplant, die Subventionierung von Agrardiesel rückwirkend und bis Ende 2025 zu verlängern und eine neue Behörde für Cybersicherheitszertifizierungen einzurichten. In eigener Sache werden sich die Abgeordneten mit einer Anpassung der Geschäftsordnung des Nationalrats und des Informationsordnungsgesetzes an die EU-Datenschutz-Grundverordnung befassen. Auch der aktuelle Volksanwaltschaftsbericht, eine Novelle zum Telekommunikationsgesetz und zwei Schulbauprojekte stehen zur Diskussion.

FRAGESTUNDE

Die Sitzung beginnt um 9.00 Uhr mit einer Fragestunde mit Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig.

“ROT-WEISS-ROT-KARTE PLUS” FÜR INTEGRIERTE UKRAINER:INNEN

Vor dem russischen Angriffskrieg geflüchtete Ukrainer:innen sollen einen auf Dauer ausgerichteten und unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt in Österreich erhalten. Voraussetzung für den Erhalt der “Rot-Weiß-Rot-Karte plus” ist, dass die Betroffenen innerhalb der letzten 24 Monate zumindest zwölf Monate über der Geringfügigkeitsgrenze beschäftigt waren und selbsterhaltungsfähig sind. In Kraft treten soll die Novelle mit 1. Oktober 2024, wie die Koalitionsparteien im Sozialausschuss per Abänderungsantrag festgelegt haben. Außerdem soll die Ausbildungspflicht bis zum 18. Lebensjahr künftig auch für ukrainische Jugendliche gelten. Im Ausschuss stimmten ÖVP, Grüne und NEOS für die Regierungsvorlage.

DIGITALE ANTRÄGE BEIM AMS

Antragstellungen auf Arbeitslosengeld sowie die Kommunikation zwischen AMS-Mitarbeiter:innen und Kund:innen sollen künftig vorrangig elektronisch erfolgen. Das sieht eine Regierungsvorlage vor, die der Sozialausschuss mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und NEOS ins Plenum geschickt hat. Personen, für die eine elektronische Antragstellung nicht möglich ist, können weiterhin persönlich ihren Antrag stellen. Verpflichtend soll die persönliche Vorsprache nur noch bei einer erstmaligen Antragstellung bzw. bei einem erneuten Antrag nach über zwei Jahren sein. Außerdem sollen arbeitslose Personen künftig verpflichtet werden, das Kommunikationssystem des AMS mindestens an zwei Werktagen pro Woche auf Eingänge zu überprüfen. Dokumente gelten künftig als zugestellt, sobald sie im elektronischen Verfügungsbereich der arbeitslosen Person eingelangt sind. In Kraft treten sollen die neuen Regelungen mit 1. Juli 2025, um dem AMS die technischen Vorbereitungen zu ermöglichen.

NEUE BEHÖRDE FÜR CYBERSICHERHEITSZERTIFIZIERUNGEN

Um die Cybersicherheit in Europa zu erhöhen und das Vertrauen in das ordnungsgemäße Funktionieren des digitalen Binnenmarkts zu stärken, strebt die EU einheitliche Zertifizierungsverfahren für IKT-Produkte, IKT-Dienste und IKT-Prozesse an. Sie sollen – vorerst auf freiwilliger Basis – nach einem gemeinsamen Schema im Hinblick auf die Erfüllung bestimmter Sicherheitsanforderungen bewertet werden. Die Mitgliedstaaten sind gemäß dem Cybersecurity Act (CSA) verpflichtet, in diesem Zusammenhang eine oder mehrere nationale Behörden zu benennen. In Österreich soll nun mit dem Cybersicherheitszertifizierungs-Gesetz (CSZG) eine Behörde für die Cybersicherheitszertifizierung beim Bundeskanzleramt eingerichtet werden. Sie wird unter anderem die Aufgabe haben, Cybersicherheitszertifizierungen zu überwachen, nationale Akkreditierungsstellen aktiv zu unterstützen und Beschwerden zu bearbeiten. Wie die Prüfungen im Detail ablaufen werden, ist laut Digitalstaatsekretärin Claudia Plakolm allerdings noch offen, da die Prüfschemata auf europäischer Ebene erst erarbeitet werden.

Im Forschungsausschuss hat die Gesetzesnovelle neben den Koalitionsparteien trotz gewisser Skepsis auch die Zustimmung von SPÖ und NEOS erhalten.

MEHR ENERGIEEFFIZIENZ BEI DER NUTZUNG VON MOBILFUNKFREQUENZEN

Einstimmig hat der Forschungsausschuss eine von ÖVP und Grünen beantragte Novelle zum Telekommunikationsgesetz an das Plenum weitergeleitet. Ziel der Novelle ist es, die Energieeffizienz bei der Nutzung von Mobilfunkfrequenzen zu verbessern. Inhaber:innen von Mobilfunkfrequenzen soll in diesem Sinne die Durchführung von Energieeffizienzmaßnahmen bei der Frequenznutzung ermöglicht werden. Allerdings darf eine Reduktion des Energieverbrauchs von Anlagen nicht auf Kosten der standortbezogenen Versorgungspflichten gehen und zu Leistungsminderungen für Kund:innen führen. Entsprechende Änderungen an Anlagen sollen daher auch immer durch die Behörde genehmigt werden müssen.

VERLÄNGERUNG DER AGRARDIESEL-VERGÜTUNG

ÖVP, Grüne und FPÖ haben sich im Budgetausschuss dafür ausgesprochen, die als Reaktion auf die stark steigenden Energiepreise temporär eingeführte Agrardiesel-Vergütung rückwirkend von Juli 2023 bis Dezember 2025 zu verlängern. Sie soll weiterhin 7 Cent je Liter betragen. Das Entlastungsvolumen dieser Verlängerung wird mit 75 Mio. € angegeben. Ergänzt werden soll damit die Rückerstattung der CO2-Bepreisung, die im Rahmen der ökosozialen Steuerreform als Entlastung der Land- und Forstwirtschaft im Bereich des Agrardiesels eingeführt wurde. Für 2024 beträgt diese 13,5 Cent pro Liter. Damit wird Agrardiesel im Jahr 2024 in Summe mit 20,5 Cent pro Liter auf pauschaliertem Weg subventioniert werden. Im Jahr 2025 steigt der Gesamtbetrag aufgrund des steigenden CO2-Preises auf 23,5 Cent. Insgesamt wurde die Rückvergütung der CO2-Bepreisung für die Jahre 2022 bis 2025 mit 134 Mio. € dotiert.

RECHTLICHE VORAUSSETZUNGEN FÜR ZWEI SCHULBAUPROJEKTE

Einstimmig hat der Budgetausschuss die legistischen Voraussetzungen zur Umsetzung zweier Schulbauprojekte auf den Weg gebracht. Bei dem entsprechenden Gesetz betreffend die Ermächtigung zur Verfügung über bewegliches Bundesvermögen geht es einerseits um den Ausbau der Bildungsanstalt für Elementarpädagogik und Sozialpädagogik in St. Pölten sowie um die Sanierung der Bundeshandelsakademie und Bundeshandelsschule Völkermarkt. Die Rechtsmaßnahme ist notwendig, da der Bund Bundesschulen betreibt, deren Liegenschaften im Eigentum von Bundesländern oder Gemeinden stehen.

TÄTIGKEITSBERICHT DER VOLKSANWALTSCHAFT FÜR 2023

Gemäß dem Tätigkeitsbericht der Volksanwaltschaft für das Jahr 2023 gelangten im Vorjahr 23.124 Beschwerden an die Volksanwaltschaft, 16.655 betrafen die öffentliche Verwaltung. Die Volksanwält:innen Bernhard Achitz, Walter Rosenkranz und Gaby Schwarz sehen finanzielle und personelle Ressourcenmängel als Hauptursache für Missstände, sowohl bei der österreichischen Verwaltung als auch bei der Wahrung der Menschenrechte. Die Krisen der letzten Jahre hätten zu einer Verschärfung der finanziellen Lage etwa im Gesundheitswesen geführt, so die Volksanwaltschaft. Gleichzeitig habe sich aber der Unterstützungsbedarf in der Bevölkerung erhöht.

Insgesamt 11.380 Prüfverfahren leitete das Kontrollorgan des Nationalrats im Vorjahr ein. 7.802 davon betrafen die Bundesverwaltung, der Rest die Landes- und Gemeindeverwaltung. In knapp einem Fünftel – 2.437 – der im Vorjahr abgeschlossenen 12.752 Prüfverfahren stellte die Volksanwaltschaft einen Missstand fest. 90 Verfahren leitete das Kontrollorgan von sich aus aufgrund eines Missstandsverdachts in Bezug auf die Verwaltung ein. Der Bericht wurde im Ausschuss einstimmig zur Kenntnis genommen.

DATENSCHUTZ IM GESETZGEBUNGSBEREICH

Zum Abschluss der Plenarwoche will sich der Nationalrat schließlich mit mehreren Gesetzesanträgen in eigener Sache befassen. Voraussetzung dafür ist, dass der Geschäftsordnungsausschuss seine für Mittwoch Früh anberaumten Beratungen über das Paket zeitgerecht abschließt. In Reaktion auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Anwendung der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) durch Parlamente – im konkreten Fall durch einen Untersuchungsausschuss – sollen unter anderem das Geschäftsordnungsgesetz, das Informationsordnungsgesetz und das Datenschutzgesetz geändert werden. Zudem ist eine begleitende Verfassungsnovelle geplant.

Mit dem Gesetzespaket soll unter anderem die Geschäftsordnung des Nationalrats an die DSGVO angepasst und eine ausdrückliche rechtliche Grundlage für die Verarbeitung auch hochsensibler Daten durch die Organe der Gesetzgebung geschaffen werden. Näheres soll das Informationsordnungsgesetz regeln. Außerdem ist mit dem Parlamentarischen Datenschutzkomitee eine eigene datenschutzrechtliche Aufsichtsbehörde für den Nationalrat, den Bundesrat, den Rechnungshof und die Volksanwaltschaft in Aussicht genommen. Um die parlamentarische Arbeit – etwa das Einbringen von schriftlichen Anfragen oder Gesetzesanträgen – nicht zu behindern, sieht die Sammelnovelle eine Beschränkung von Auskunfts-, Berichtigungs- und Löschungsrechten vor. Weiterhin soll es aber möglich sein, eine Schwärzung personenbezogener Daten oder die Entfernung von Verhandlungsgegenständen von der Parlamentswebsite zu beantragen. Als datenschutzrechtlich Verantwortlichen nach außen schlagen die Antragsteller ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grüne jeweils einheitlich den Nationalrat bzw. den Bundesrat als Organ vor.

Die genaue Ausgestaltung des Gesetzespakets könnte sich im Zuge der Ausschussberatungen allerdings noch ändern. Bis zum 4. Juni gingen infolge eines Begutachtungsverfahrens 17 Stellungnahmen zu den Vorschlägen ein. Da bei Geschäftsordnungsänderungen zwischen Zweiter und Dritter Lesung mindestens 24 Stunden liegen müssen, ist ein endgültiger Gesetzesbeschluss erst im Juli zu erwarten. (Schluss TOP im Nationalrat) gs/kar/mbu

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

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