Bundesregierung betont im Bundesrat die Bereitschaft zu Kompromiss und Zusammenarbeit

Bundesregierung betont im Bundesrat die Bereitschaft zu Kompromiss und Zusammenarbeit

Regierungsspitze stellt Schwerpunkte ihres Programms in den Bereichen Wirtschaft, Sicherheit, Gesundheit und Soziales vor

Nach der Regierungserklärung im Nationalrat stellte sich die neue Bundesregierung heute auch dem Bundesrat vor, um die Pläne der Koalition für die Legislaturperiode zu präsentieren. In die Länderkammer waren dazu die Regierungsspitze mit Bundeskanzler Christian Stocker und Vizekanzler Andreas Babler gekommen. In Vertretung von Bundesministerin Beate Meinl-Reisinger sprach der Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten, Josef Schellhorn. Das Wort ergriff auch Gesundheits- und Sozialministerin Korinna Schumann.

In den Erklärungen der Regierungsmitglieder wurde der Geist des Kompromisses und der Zusammenarbeit, in dem die Koalition von drei Parteien entstanden seien, betont. Das Regierungsprogramm basiere nicht auf dem kleinsten gemeinsamen Nennern, sondern enthalte vielmehr Schwerpunkte aller drei beteiligten Parteien, sagte Bundeskanzler Stocker. Er sprach von einer „Regierung des Mitte“, Vizekanzler Babler von einer „Koalition der konstruktiven Kräfte“. Staatssekretär Schellhorn betonte, dass die Bundesregierung Bürokratie abbauen und die Eigenverantwortung stärken wolle. Gesundheits- und Sozialministerin Schumann versicherte, dass niemand zurückgelassen werden solle. Das gelte für das Gesundheitssystem, den Arbeitsmarkt wie auch für das Pensionssystem.

STOCKER: WERDE BUNDESKANZLER FÜR ALLE SEIN

Nach den längsten Regierungsverhandlungen in der Geschichte der Zweiten Republik stimme es ihn positiv, dass nun drei Parteien eine menschliche und persönliche Grundlage für eine breite Koalition gefunden hätten, betonte Bundeskanzler Christian Stocker in seinen Ausführungen zum Regierungsprogramm. Alle drei Parteien seien „über ihren Schatten gesprungen“. Das Ergebnis sei eine Regierung der Mitte und eine Mischung aus Bewährtem und Neuem. Immer wieder bewährt hätten sich in der österreichischen Geschichte der Konsens und der Kompromiss. Neu sei, dass erstmals drei Parteien eine Bundesregierung bilden. Das bringe einen zusätzlichen Blickwinkel und echten Mehrwert in die Arbeit der Regierung.

Man wolle sich gegenseitig Raum geben und einander Erfolge gönnen. Daher gehe er voller Zuversicht an die Arbeit. „Ich will und ich werde ein Bundeskanzler für alle Menschen sein“, betonte Stocker. In diesem Sinne gehe er auch bewusst auf die Opposition zu.

Als Kernpunkte des Programms nannte der Kanzler den Kampf gegen illegale Immigration, Missbrauch des Asylsystems und Radikalismus. Teil davon sei die verpflichtende Integrationsphase bei Zuwanderung, in der es nur reduzierte Sozialunterstützung geben werde. Wer etwas bekomme, müsse auch etwas zurückgeben. Geeinigt habe man sich auf ein verfassungskonformes Kopftuchverbot für minderjährige Mädchen und den sofortigen Stopp des Familiennachzugs, um das Bildungs- und Sozialsystem vor Überforderung zu bewahren. Österreich werde auch den europäischen Pakt für Asyl und Integration unterstützen und bei Bedarf alle rechtlichen Möglichkeiten für einen Asylstopp ausschöpfen.

FOKUS AUF WIRTSCHAFTSSTANDORT UND SICHERHEIT

Im Sicherheitsbereich werde die Personalinitiative der Polizei weiterlaufen. Die Exekutive werde auch entsprechende Befugnisse für eine verfassungskonforme Gefährder-Überwachung erhalten. Investiert werde auch in die Landesverteidigung mit der „Mission vorwärts“. Angesichts der geopolitischen Lage werde Österreich am Luftraumüberwachungsprogramm Skyshield teilnehmen.

Für den Wirtschaftsstandort gelte, dass Leistung und Engagement in allen Bereichen gefördert werden sollen. Darum solle es etwa Mitarbeiterprämien und die Förderung des Arbeitens im Alter geben. Unternehmer:innen sollen von Bürokratie entlastet, Fleiß solle belohnt und Wachstum wieder Realität werden.

Auch die Landwirtschaft werde unterstützt und zukunftssicher weiterentwickelt, um die Ernährungssicherheit zu gewährleisten. Auch hier sollen Berichtspflichten reduziert werden. Auch gelte es, ausreichende GAP-Mitteln für den Erhalt der kleinstrukturierten Landwirtschaft sicherzustellen. Der Klimaschutz bleibe ein wichtiges Anliegen, er solle aber nicht in erster Linie mit Ge- und Verboten, sondern vor allem mit technologischen Innovationen vorangetrieben werden.

Stocker kündigt auch effektive Unterstützungen für Familien an, etwa durch leistbaren Wohnraum. Auch auf Bildung lege das Regierungsprogramm eine speziellen Fokus. Daher werde die Schulautonomie ausgebaut und die mittlere Reife eingeführt. Für ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr sei Finanzierung bereits gesichert, ebenso für den Ausbau des Angebots an Kinderbetreuung.

Österreich wolle auch seine Chancen und Interessen in der Welt wahrnehmen und sich weiterhin konstruktiv engagieren. Österreich werde dabei klar auf der Seite der freien westlichen Welt und Demokratie stehen und stabile internationale Beziehungen stärken. Diese Bundesregierung werde ein verlässlicher Partner der freien Welt sein.

BABLER: REGIERUNGSPROGRAMM IST KOMPROMISS DER KONSTRUKTIVEN KRÄFTE

Er gebe an dieser Stelle das Versprechen ab, dass die Bundesregierung das Hohe Haus wertschätzen und in die Zusammenarbeit einbeziehen werde, betonte Vizekanzler Andreas Babler. Im Parlament würden die Kompromisse geschmiedet, die Österreich erfolgreich machen. In der neuen Regierung seien drei Parteien übereingekommen, das Wohl der Republik in den Mittelpunkt zu rücken und sich der Verantwortung für das Land zu stellen. Das Regierungsprogramm sei „gemeinsam gestaltet und erstritten“ worden und stelle einen großen Kompromiss der konstruktiven Kräfte dar.

Europa und die Welt seien derzeit in der Krise, die gemeinsam überwunden werden müsse. Die SPÖ habe sich stets dafür eingesetzt, dass diejenigen mit den „breiten Schultern“ ihren Anteil tragen. Daher würden Banken und Privatstiftungen, die die Krisen der letzten Jahre für sich gut nutzen konnten, nun dazu beitragen, dass auch andere wieder mehr Spielraum erhalten. Daher gebe es nun Mittel für mehr Kinderbetreuung, für Langzeitarbeitslose und einen Mietpreisstopp, wo ein erster Schritt gelungen sei und weitere folgen sollen.

Die Politik müsse sich wieder um die Menschen kümmern, sagte Babler. Das sei der Anspruch, an dem man ihre Arbeit werde messen können. Er nannte dazu die Frauenpolitik, wo die Frauenministerin sich vieles vorgenommen habe. Sozial- und Arbeitspolitik seien so auszurichten, dass alle eine Chance in einer immer komplexeren Arbeitswelt erhalten und Arbeitsplätze finden, von dem man auch leben könne.

Integration sei eine Pflicht, doch dürfe man die Menschen nicht alleine lassen. Vielmehr müsse man allen zeigen, wie sie ihren Beitrag für die Gesellschaft leisten können. Staat und Gesellschaft müssten ein Angebot bereitstellen, dieses müsse aber auch angenommen werden.

SCHELLHORN: WOLLEN DEN MENSCHEN EIGENVERANTWORTUNG ZURÜCKGEBEN

In Vertretung von Bundesministerin Beate Meinl-Reisinger präsentierte Staatssekretär Josef Schellhorn die Sicht der NEOS auf das Arbeitsprogramm der Bundesregierung. Dieses sei nach intensiven Verhandlungen gut geworden, denn es berücksichtige einerseits die Budgetlage, bewahre aber auch die notwendigen Spielräume. Offenheit und gemeinsame harte Arbeit seien die Basis der Zusammenarbeit der drei Parteien, meinte Schellhorn. Regieren sei dabei kein Selbstzweck, sondern alle drei Parteien treibe die Frage um, wie das Leben der Menschen in Österreich nachhaltig verbessert werden könne. Das Programm werde daher daran gemessen werden können, ob es konkrete Antworten liefere, etwa ob es Bildung und Wirtschaft fördere. Den Menschen in Österreich solle wieder Mut und Zuversicht für mehr Eigenverantwortung gegeben werden.

Schellhorn stellte sein Selbstverständnis als Staatssekretär für Entbürokratisierung dar. Bürokratie müsse bis zu einem gewissen Grade sein, um Standards und Ordnung zu gewährleisten. Sie dürfe aber nicht überhand nehmen und nicht zum Hindernis für Zukunft werden. Daher sollten Vorschriften durchforstet und der Weg zu mehr Dynamik, Wachstum und Eigenverantwortung frei gemacht werden. Ein starker Staat sei nicht überreguliert, sondern er setze klare Rahmenbedingungen. Er habe Vertrauen in die Eigenverantwortung und Selbstständigkeit der Menschen.

KLARES BEKENNTNIS ZU KUNST, KULTUR UND DEM GEMEINSAMEN EUROPA

Vertrauen setze auch Verantwortung voraus. Das komme etwa im Bereich der Integration zum Ausdruck. „Ein Herzensanliegen“ seien ihm auch Kunst und Kultur. Die aktive Kunstszene sei ein wichtiger Faktor für die Außenwahrnehmung Österreichs. Er freue sich daher über das engagierte Kunst- und Kulturkapitel des Regierungsprogramms.

Die Regierung stehe zudem zu einem gemeinsamen, starken Europa. Angesichts der Sicherheitslage bekenne man sich zu einer gemeinsamen europäischen Verteidigungspolitik, aber auch zur transatlantischen Partnerschaft. Österreich werde die Ukraine weiterhin gegenüber dem Aggressor Russland unterstützen. Schellhorn betonte, es werde keine Verhandlungen über die Ukraine ohne Ukraine oder über die Sicherheit Europas ohne Europa geben.

Angesichts völkerrechtswidriger Aggressionen dürfe es zu keiner Täter-Opfer-Umkehr kommen. Schellhorn plädierte für die Rückkehr zu einer regelbasierten Weltordnung. Das bedeute auch Sanktionen für den, der diese Regeln bricht. Im Nahen Osten herrsche weiter eine instabile Lage. Österreich bekenne sich hier aus historischer Verantwortung klar zur Sicherheit Israels, dessen Existenzrecht außer Debatte stehe.

SCHUMANN: WIR LASSEN NIEMANDEN ZURÜCK

Bundesministerin Korinna Schumann würdigte zu Beginn ihrer Ausführungen die Rolle des Bundesrats. Gerade in der Gesundheits- und Sozialpolitik sei er ein wichtiger Faktor, da er die Verbindung zu den Ländern darstelle. Um etwas zu bewegen, werde es den Geist des Kompromisses brauchen. Das Vertrauen in die Demokratie und die Politik allgemein, aber auch in die Gesundheits- und Sozialsystem müsse wieder gestärkt werden. Soziale Sicherheit sei die Basis für ein friedliches Zusammenleben. Diese Sicherheit wolle man den Menschen wieder geben.

Angesichts der Budgetlage werde das alles nicht einfach werden, sagte Schumann. Die Bundesregierung gebe aber das Versprechen ab, das niemand Angst haben müsse, zurückgelassen zu werden. Sie bedanke sich bei allen, die ermöglichen werden, gemeinsam das Richtige für Österreich zu tun.

Viele der notwendigen Maßnahmen würde strittig und unangenehm, aber unumgänglich sein, um wieder die notwendigen Spielräume zu schaffen. Diese Herausforderungen gelte es, gemeinsam zu bewältigen. In den nächsten Jahre wolle die Bundesregierung verstärkt an der Qualität des an sich guten Gesundheitssystems arbeiten. Probleme seien etwa zu lange Wartezeiten auf eine Untersuchung oder Behandlung. Die Änderungen müssten jedoch gesamtheitlich erfolgen, man könne nicht nur „an einzelnen Schrauben drehen“, meinte die Gesundheitsministerin. Besonders wichtig sei ihr, dass die Beschäftigten im Gesundheitssystem gute Bedingungen vorfinden und die notwendige Anerkennung erhalten.

Sicherheit von Arbeitsplätzen und Pensionen gewährleisten

In ihrer Funktion als Sozialministerin wies Schumann darauf hin, dass derzeit rund 430.000 Menschen in Österreich ohne Arbeit seien. Das seien ebenso viele Einzelschicksale, die beachtet werden müssten. Der Kampf gegen Arbeitslosigkeit müsse ressortübergreifend geführt werden. Schumann wies auf die Aktion 50+ und auf Aus- und Weiterbildungsinitiativen hin und betonte, das niemand zurückgelassen werde. Die Ministerin sprach auch den Mitarbeiter:innen des AMS ihre Anerkennung aus.

Das staatliche Pensionssystem werde für die Zukunft abgesichert, versicherte die Ministerin. Die Langzeitversichertenregelung werde bleiben, es werde keine Eingriffe in das Pensionskonto und keine Anhebung des Pensionsantrittsalters geben. Stolz sei sie darauf, dass die Beschäftigten in der Pflege in die Schwerarbeitsregelung aufgenommen werden sollen. (Fortsetzung Bundesrat) sox

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

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