Volksanwalt Achitz: Sparpakete bedrohen Menschenrecht auf Gesundheit

Volksanwalt Achitz: Sparpakete bedrohen Menschenrecht auf Gesundheit

Tag der Menschenrechte: „Es gibt keine Menschenrechtspolitik ohne Sozialpolitik“ – Menschen mit Behinderungen und Frauen immer als erste von Sozialabbau betroffen

„Trotz Budgetdefizit und Sparkurs dürfen die Förderung und Weiterentwicklung der Menschenrechte nicht an den Rand der politischen Agenda gedrängt werden“, sagt Volksanwalt Bernhard Achitz anlässlich des Internationalen Tags der Menschenrechte (10. Dezember). Beim heurigen NGO-Forum der Volksanwaltschaft ging es um drohende finanzielle Einschnitte, die die Rechte von Frauen und Menschen mit Behinderungen zu belasten drohen. „Vertreter*innen der Zivilgesellschaft haben dabei auch auf die Einschränkungen des Grundrechts auf Gesundheit hingewiesen. Frauen, Menschen mit Behinderungen und Migrant*innen berichteten über Diskriminierung im Gesundheitssystem, und wer zwei oder drei dieser Gruppen angehört, wird oft doppelt und dreifach diskriminiert“, so Achitz.

Einige konkrete Beispiele wurden genannt: Für Menschen mit Behinderungen ist es manchmal besonders schwierig, einen (Fach-)Arzttermin zu bekommen, etwa weil Ärzt*innen zum Beispiel Menschen mit psychischen Erkrankungen oder mentalen Beeinträchtigungen nicht behandeln wollen. Für Menschen, die auf Unterstützung etwa durch Gebärdensprachdolmetscher*innen oder durch andere Formen von unterstützter Kommunikation angewiesen sind, ist es besonders schwierig, einen Termin zu finden, an dem sowohl die Ärztin/der Arzt als auch der/die Dolmetscher*in Zeit hat.

Frauen werden nicht erst beim Zugang zu medizinischen Leistungen diskriminiert, sondern schon bei der Forschung, wo etwa Medikamente nur an männlichen Probanden getestet werden. Auch von Frauen geäußerte Schmerzen werden weniger ernst genommen.

EINSPARUNGEN BEI ARBEITSMARKTFÖRDERUNG BEDROHEN FRAUEN UND CHRONISCH PSYCHISCH ERKRANKTE

Bekannt ist auch, dass Menschen mit höheren Einkommen und höheren Bildungsabschlüssen länger und gesünder leben. „Einsparungen bei der Arbeitsmarktförderung und beim gestützten Arbeitsmarkt und sozioökonomischen Betrieben erhöhen also nicht nur das Armutsrisiko, sondern gefährden auch die Gesundheit. Und auch hier wird es Frauen und chronisch psychisch erkrankte Menschen besonders erwischen“, warnt Achitz.

Schon beim Berufseinstieg verdienen Frauen bei gleichem Bildungsniveau weniger als Männer. Das setzt sich im Berufsverlauf, verschärft durch Mutterschaft, fort und gipfelt im Gender Pension Gap. Alleinlebende Frauen im Pensionsalter haben in Österreich nach Alleinerziehenden und kinderreichen Familien nach wie vor das höchste Armutsrisiko.

„Es gibt keine Menschenrechtspolitik ohne Sozialpolitik. Ein diskriminierungsfreier Zugang zu Sozialsystemen, zu Gesundheitsdiensten, öffentlichen Dienstleistungen und Infrastruktur wäre entscheidend für eine echte Gleichstellungspolitik“, so Volksanwalt Achitz.

SCHLECHTE DATENLAGE

„Für gute politische Entscheidungen braucht es eine bessere Datenlage“, so Achitz. Sowohl Frauen als auch Menschen mit Behinderungen werden statistisch nicht korrekt erfasst, berichteten NGO-Vertreter*innen. Etwa sei in vielen Statistiken das Haushaltseinkommen die Grund­lage – wie dieses auf Frauen und Männer verteilt ist, wird aber nicht erhoben. Oder wer für die Kinder im Haushalt zahlt, etwa in Patch­workfamilien-Haushalten. Menschen mit Behinderungen werden oft gar nicht berücksichtigt, da nur Daten von Haushalten erhoben werden, nicht aber von Menschen, die – trotz theoretischen Bekenntnisses zur De-Institutionalisierung – immer noch in Heimen leben.

SOZIALE GRUNDRECHTE STEHEN IN ÖSTERREICH NICHT IM VERFASSUNGSRANG

Österreich hat bislang keine sozialen Grundrechte wie ein Recht auf angemessenen Lebensstandard oder Gesundheitsversorgung in der Verfassung verankert – eine Ausnahme in der EU. Während grundlegende Menschenrechte und Freiheitsrechte in der österreichischen Verfassung geschützt sind, gelten soziale Grundrechte bisher nur auf Basis einfacher Gesetze, die leichter verändert werden können, z. B. im Bereich der Mindestsicherung und Gesundheitsversorgung. Das führt dazu, dass sozialrechtliche Leistungen nicht die gleiche Verfassungsstabilität wie Freiheitsrechte haben.

Die Volksanwaltschaft und verschiedene NGOs drängen daher auf eine Verankerung sozialer Grundrechte in der Verfassung. Diesem Thema hat die Volksanwaltschaft das NGO-Forum 2022 gewidmet. Die Tagungsbände finden Sie hier: https://volksanwaltschaft.gv.at/berichte/ngo-forum-tagungsbaende/

Florian Kräftner
Mediensprecher im Büro von
Volksanwalt Mag. Bernhard Achitz
Telefon: +43 664 301 60 96
E-Mail: florian.kraeftner@volksanwaltschaft.gv.at
https://www.volksanwaltschaft.at

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
© Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender