Nationalrat einhellig für Verbesserung der psychosozialen Rahmenbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft

Nationalrat einhellig für Verbesserung der psychosozialen Rahmenbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft

Biologische Lebensmittelbeschaffung des Bundes soll gestärkt werden, Anpassung der Vereinbarung zum Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel

Der Nationalrat hat sich heute einstimmig für die Verbesserung der psychosozialen Rahmenbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft ausgesprochen. So sollen etwa die Informationsarbeit zu bestehenden Unterstützungs- und Entlastungsangeboten forciert und bestehende Unterstützungsstrukturen weiterentwickelt werden.

Mit breiter Mehrheit angenommen wurde zudem ein weiterer Entschließungsantrag der Regierungsparteien zur „Stärkung der biologischen und regionalen sowie tierwohlgerechten Lebensmittelbeschaffung im Bundesbereich“ sowie zur Begleitung des laufenden „naBe-Überarbeitungsprozesses“. Diese Initiative basierte auf einem abgelehnten Entschließungsantrag der Grünen in dem gefordert wird, Bio- und Tierwohlkriterien bei der Lebensmittelbeschaffung „nicht abzuschwächen, sondern umzusetzen“.

Von allen Fraktionen befürwortet wurde eine Regierungsvorlage, die eine Anpassung der Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Burgenland zur Erhaltung und Weiterentwicklung des Nationalparks Neusiedler See-Seewinkel vorsieht.

VERBESSERUNG DER PSYCHOSOZIALEN RAHMENBEDINGUNGEN IN DER LANDWIRTSCHAFT

Eine Studie über soziale und psychische Belastungen in der Land- und Forstwirtschaft zeige „klaren Handlungsbedarf“ zur Verbesserung der entsprechenden Rahmenbedingungen für die Bäuerinnen und Bauern auf, heißt es in der einstimmig angenommenen Initiative der Regierungsfraktionen. So sollen die Informationsarbeit zu bestehenden psychosozialen Unterstützungs- und Entlastungsangeboten forciert sowie bestehende Unterstützungsstrukturen weiterentwickelt und besser miteinander verzahnt werden. Zudem soll die Vernetzung und Kooperation aller relevanten Akteure im psychosozialen Bereich intensiviert und Präventions- und Qualifizierungsmaßnahmen gefördert werden.

Der Grad der sozialen und psychischen Belastungen von Bäuerinnen und Bauern, den die Studie erhoben habe, mache betroffen, sagte Albert Royer (FPÖ). Er liege weit über dem Durchschnitt der österreichischen Bevölkerung. Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung ist für Royer die falsche Landwirtschaftspolitik, die vor allem die ÖVP zu verantworten habe. Der technische Fortschritt in der Landwirtschaft verringere den Druck nicht, sondern verursache hohe Investitionskosten. Auch die Bürokratie und wachsende Auflagen tragen laut dem Abgeordneten zu dieser Belastung bei. Der Schwund der Bauernschaft werde auch zur Gefahr für die Erhaltung der österreichischen Landschaft und die Versorgungssicherheit.

Tina Angela Berger (FPÖ) sagte, gerade Bäuerinnen, an deren Arbeit der Fortbestand der Betriebe hänge, täten sich oft schwer damit, Hilfe zu suchen. Es brauche für sie niederschwellige, frauenspezifische Angebote. Auch Berger sah die von der ÖVP dominierte Agrarpolitik als wesentliche Ursache für die Probleme der Landwirtschaft. Hier müsse ein Kurswechsel erfolgen.

Die psychosozialen Rahmenbedingungen für die in der Landwirtschaft Beschäftigten müssten verbessert werden, sagte Johannes Schmuckenschlager (ÖVP). In erster Linie gehe es um den Ausbau der Informationsarbeit und bestehender Kooperationen. Auch die Prävention solle mit einem niederschwelligen Angebot an Beratung, Coaching und Mediation für bäuerliche Betriebe gestärkt werden. Grundsätzlich müsse der gesellschaftliche Respekt für die Arbeit der Bäuerinnen und Bauern gestärkt werden.

Die vielfältigen Belastungen der Menschen in der Landwirtschaft dürften nicht mehr unter den Tisch gekehrt werden, sagte Irene Neumann-Hartberger (ÖVP). Ein wesentlicher Faktor sei die oft weit über dem Durchschnitt liegende Wochenarbeitszeit. Im Laufe der Jahre seien viele Hilfsangebote entwickelt worden, wichtig sei es aber, dass diese bekannter gemacht und stärker in Anspruch genommen werden. Bettina Zopf (ÖVP) zeigte sich zufrieden über die Unterstützung aller Fraktionen für den Antrag. Das zeige die Wertschätzung für die Leistungen der Bäuerinnen und Bauern.

Elisabeth Feichtinger (SPÖ) wies auf das deutlich höhere Suizidrisiko in der Landwirtschaft hin. Gerade die Berufsgruppe, die das Land ernähre, könne selbst oft kaum Luft holen. Für diese Menschen sei es wichtig, zu wissen, wo sie Hilfe finden können. Gerade in der Landwirtschaft müsse man über die Sicherung einer menschenwürdigen Arbeitswelt nachdenken.

Auch Michael Bernhard (NEOS) sprach von erschütternden Zahlen, die die Studie über die psychosoziale Situation in der Landwirtschaft zutage gefördert habe. Tatsächlich sei die Bürokratie der Faktor, der noch vor wirtschaftlichen und persönlichen Belastungen an erster Stelle genannt werde. Ziel müsse sein, der Landwirtschaft gute Zukunftsbedingungen zu bieten.

Sie wisse aus eigener Erfahrungen, was hohe Belastung in der Landwirtschaft bedeute, sagte Olga Voglauer (Grüne). Die zitierte Studie zeige auf, dass es ein Systemproblem gebe, das angegangen werden müsse. Der Entschließungsantrag könne nur ein Anfang sein, weitere Schritte müssten folgen, um den Menschen in der Landwirtschaft Unterstützung zu geben. Die Betriebshilfe müsse deutlich ausgebaut werden, um stark belasteten Betrieben rechtzeitig und gezielt Hilfe leisten zu können. Auch aus ihrer Sicht wäre Entbürokratisierung ein wichtiger Schritt, um den Landwirtinnen und Landwirten eine Zukunftsperspektive zu geben.

MASSNAHMEN ZUR AUSWEITUNG DES BIO-ANTEILS BEI DER LEBENSMITTELBESCHAFFUNG DES BUNDES

Mit breiter Mehrheit nahmen die Abgeordneten einen Entschließungsantrag zur „Stärkung der biologischen und regionalen sowie tierwohlgerechten Lebensmittelbeschaffung im Bundesbereich“ an. Der Antrag zielt auf die Prüfung von Maßnahmen ab, die eine langfristige Stärkung der biologischen Landwirtschaft in Österreich unterstützen und zu einer „ambitionierten und umsetzbaren Ausweitung“ des Bio-Anteils im Bundesbereich beitragen können. Zudem soll ein administrativ umsetzbares Monitoringsystem entwickelt werden, das Fortschritte bei der nachhaltigen Lebensmittelbeschaffung nachvollziehbar darstellt.

Initiiert hatten die Debatte die Grünen, deren eigener Antrag jedoch in der Minderheit blieb. Sie befürchten, dass der Bund die Bio- und Tierwohlkriterien zur nachhaltigen öffentlichen Beschaffung (naBe) im Lebensmittelbereich abschwächen will, und fordern, die bestehenden Vorgaben unverändert beizubehalten. Die Koalition wolle das Aus für nachhaltige Lebensmittelbeschaffung „still und heimlich“ beschließen, kritisierte Olga Voglauer (Grüne). Ihre Fraktion werde das aber nicht zulassen. Anstatt einer Streichung der Ziele brauche es einen „Turbo“ für die nachhaltige öffentliche Beschaffung.

Jakob Schwarz (Grüne) vermisste im Antrag der Koalition den Begriff des Tierwohls. „Auch regionale Tierqual ist Tierqual“, meinte er. Wenn es um Wettbewerbsfähigkeit gehe, so könnte aber gerade Tierwohl ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein. Ausgerechnet dafür wolle die Koalition keine Budgetmittel aufwenden.

Georg Strasser (ÖVP) reagierte auf die Kritik der Grünen und sprach von „künstlicher Aufregung“. Seit dem Jahr 2024 werde auf fachlicher Ebene an einem überarbeiteten Konzept und an der Evaluierung des naBe-Aktionsplans gearbeitet, wobei bis dato noch keine einzige politische Entscheidung getroffen worden sei. Man werde daraus die richtigen Schlüsse ziehen. Es gehe dabei um ein besseres Monitoring und um die Analyse von Angebot und Nachfrage sowie von technischen und bürokratischen Hürden.

Josef Hechenberger (ÖVP) sagte, grundsätzlich sei ihm ein regionales Produkt mit dem AMA-Gütesiegel lieber als ein Bioprodukt aus dem Ausland. Sorge bereite ihm, dass der Lebensmittelhandel österreichische Produkte immer mehr durch billige ausländische Produkte ersetze. Die nachhaltige Beschaffung sei aus seiner Sicht ein „starkes Instrument“ zugunsten der österreichischen Landwirtschaft.

Elisabeth Feichtinger (SPÖ) bezeichnete biologische Lebensmittel als „Wurzelsystem unserer Zukunft“. Die SPÖ setze sich für eine Ausweitung des Bio-Anteils – „dort wo es sinnvoll und möglich ist“ – sowie für praxistaugliche Monitoringsysteme ein.

Petra Tanzler (SPÖ) betonte die Verantwortung der öffentlichen Hand für die Stärkung der österreichischen Landwirtschaft, der nachhaltigen Produktion und des Tierwohls. Beschaffungsentscheidungen des Bundes hätten direkte Auswirkungen darauf, wie Lebensmittel erzeugt werden. Die Bevorzugung von Produkten, die dem Tierwohl entsprechen, stärke jene Betriebe, die hier hohe Standards einhalten.

Albert Royer (FPÖ) schätzte, dass die Ziele bei der öffentlichen Beschaffung im Lebensmittelbereich bis 2030 nicht mehr erreichbar seien. Der Antrag der Regierungsparteien sei im Vergleich zur Initiative der Grünen „ein bisschen entschärft“ und gehe in die richtige Richtung. Das „große Damoklesschwert“ für die heimischen Bäuerinnen und Bauern ist für Royer das Mercosur-Abkommen. Offenbar sei ein Abschluss auf EU-Ebene noch vor Weihnachten angedacht. Er befürchte, „dass die ÖVP die Bauern verraten wird“, so der FPÖ-Mandatar.

Manuel Pfeifer (FPÖ) sprach von einer Strukturkrise der Landwirtschaft, infolge dieser Österreich mit billigen ausländischen Lebensmitteln „regelrecht überschwemmt“ werde. Die FPÖ fordere daher eine verpflichtende, durchgehende Herkunftskennzeichnung. Gerade beim Einkauf für Großküchen müsse die öffentliche Hand mit gutem Beispiel vorangehen.

Michael Fürtbauer (FPÖ) sagte, Nachhaltigkeit bedeute aus Sicht der FPÖ, die heimische Landwirtschaft zu stärken. Das bedeute, dass es kein „Biodogma“ geben dürfe. Auch die konventionelle Landwirtschaft in Österreich arbeite gut und müsse unterstützt werden. Nicht akzeptabel sei, wenn öffentliche Einrichtungen überwiegend ausländische Produkte einkaufen. Aus Sicht der FPÖ müsse bei Lebensmitteln gelten „heimisch vor Ausland“, „regional vor global“ und „Wettbewerbsfähigkeit vor Ideologie“.

Karin Doppelbauer (NEOS) unterstrich, dass ihrer Fraktion die nachhaltige Beschaffung sehr am Herzen liege. Es seien die NEOS gewesen, die seit 2023 in Anfragen die Mängel bei der Lebensmittelbeschaffung des Bundes aufgezeigt hätten. Statt zu polemisieren, hätten sie sich aber für die Erhöhung der Bioquote und die Bevorzugung regionaler Produkte in der Beschaffung des Bundes eingesetzt. Gemeinsam werde man sich um jene guten Resultate bemühen, die die Grünen während ihrer Regierungsbeteiligung nicht erreicht hätten.

ANPASSUNG DER BUND-LÄNDER-VEREINBARUNG ZUM NATIONALPARK NEUSIEDLER SEE-SEEWINKEL

Von allen Fraktionen befürwortet wurde eine Regierungsvorlage, die eine Anpassung der Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Burgenland zur Erhaltung und Weiterentwicklung des Nationalparks Neusiedler See-Seewinkel vorsieht. Mit einer Anpassung der Nationalparkflächen an den aktuellen Stand sowie der Neustrukturierung von Gremien und Organen des Nationalparks soll es auch zur Umsetzung von Empfehlungen des Rechnungshofs kommen. Die dauerhafte Vertretung des Bundes soll im Vorstand festgeschrieben und dieser neu organisiert werden. Weitere Änderungen betreffen den Wissenschaftlichen Beirat und das Nationalparkforum. Zudem soll es zu einer klaren Regelung über die Finanzierung der Nationalparkgesellschaft kommen und diese an die gängige Praxis der österreichischen Nationalpark-GmbHs angepasst werden.

Mit der Anpassung der Bund-Länder-Vereinbarung schaffe man eine „solide Grundlage für den Schutz, die Pflege und für die Weiterentwicklung des einzigartigen Naturraums Neusiedler See-Seewinkel, betonte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig. Die Änderungen würden die Bereiche Flächennutzung, Finanzierung und Vereinfachung der Gremien – im Einklang mit dem burgenländischen Nationalparkgesetz – umfassen und die Empfehlungen des Rechnungshofs aufgreifen.

Alexander Petschnig (FPÖ) zeigte sich über die Absicherung der Weiterentwicklung des Nationalparks erfreut. Der FPÖ-Mandatar sprach sich zudem für eine Supervision des Bundes zu einem Projekt zum Erhalt von Salzlacken in der burgenländischen Gemeinde Apetlon aus. Es handle sich um einen „massiven Eingriff“ mit unbekannten Folgen für die Natur.

Der erste grenzüberschreitende Nationalpark Österreichs sei ein wichtiger Lebensraum für Wasservögel, betonte Franz Hörl (ÖVP). Zudem seien die österreichischen Nationalparks „Leuchttürme des Tourismus“, wobei der ÖVP-Mandatar hier noch Verbesserungspotential ortete.

Die Anpassung der Vereinbarung mit dem Land Burgenland bringe „Klarheit, Sicherheit und Zukunft für die Natur, die Gemeinden, den Nationalpark sowie für die regionale Wertschöpfung“, unterstrich Maximilian Köllner (SPÖ). Die Gemeinden und die Bevölkerung des Burgenlands seien sich der Verantwortung „für diesen sensiblen Lebensraum“ bewusst.

Der Rechnungshofbericht habe Anpassungsbedarf bei der Gremienstruktur sowie bei der Finanzierung aufgezeigt, man habe nun beides korrigiert, hielt Michael Bernhard (NEOS) fest. Der Neusiedlersee sei ein wichtiges Natura-2000-Gebiet für teils bedrohte Wildvögel.

Olga Voglauer (Grüne) begrüßte den einstimmigen Beschluss. Auch die Landwirtschaft im Seewinkel profitiere vom Nationalpark, der zudem UNESCO-Weltkulturerbe und Best-Practice-Beispiel für andere Regionen sei. (Schluss Nationalrat) med/sox

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

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