Nationalrat: Einstimmigkeit für Maßnahmen gegen „Parkplatz-Abzocke“
Nationalrat: Einstimmigkeit für Maßnahmen gegen „Parkplatz-Abzocke“
Anpassungen zu Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen nach OGH-Entscheidung
Die geplanten Maßnahmen der Bundesregierung gegen „Parkplatz-Abzocke“ und „Abmahnmissbrauch“ werden nun umgesetzt. Nunmehr soll der Weg vor Gericht für diese Fälle kostengünstiger werden, zudem werden Leitentscheidungen des Obersten Gerichtshofs ermöglicht. Die entsprechende Regierungsvorlage befürwortete der Nationalrat heute einstimmig. Ein Abänderungsantrag der Grünen, mit dem sie eine – ohnedies mittlerweile gegenstandslose – Sonderregel für die Kaiserfamilie zum Vernehmungsort von Zeugen aus dem Gesetz streichen wollten, blieb in der Minderheit.
Für Klarstellungen der Rechtslage für Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen mittels einer weiteren Regierungsvorlage sprachen sich außerdem ÖVP, SPÖ und NEOS aus. Übernommen wird damit unter anderem eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, wonach eine der Regelungen nach dem Konsumentenschutzgesetz über unzulässige Vertragsbestandteile keine Relevanz mehr für Mietverträge hat.
MASSNAHMEN GEGEN „PARKPLATZ-ABZOCKE“
Mit der Änderung des Gerichtsgebührengesetzes, des Rechtsanwaltstarifgesetzes und der Zivilprozessordnung sollen die geplanten Maßnahmen der Bundesregierung gegen „Parkplatz-Abzocke“ und „Abmahnmissbrauch“ umgesetzt werden. Beim Thema Besitzstörung durch ein Kraftfahrzeug seien vermehrt Fälle zu beobachten, in denen eine Besitzstörungsklage angedroht wird, sollte nicht ein höherer Geldbetrag – der mehrere hundert Euro erreichen könne – gezahlt werden. Nunmehr soll es kostengünstiger werden, in diesen Fällen eine gerichtliche Entscheidung ergehen zu lassen. Das soll jene außergerichtlichen Abmahnungen zurückdrängen, die unter Hinweis auf die Kosten eines Gerichtsverfahrens höhere Zahlungen für die Abstandnahme von einer Besitzstörungsklage verlangen.
So soll in den diesbezüglichen Fällen die Gerichtsgebühr auf 70 Ꞓ ermäßigt werden, wenn die Angelegenheit mit der ersten Verhandlung beendet wird. Im Fall der Zurückziehung der Klage vor Zustellung an den Verfahrensgegner soll sich die Gebühr von 70 Ꞓ auf 35 Ꞓ verringern. Der Streitwert soll unter bestimmten Voraussetzungen im Rechtsanwaltstarifgesetz (RATG) mit 40 Ꞓ festgelegt werden. Das soll nicht nur Besitzstörungsverfahren betreffen, sondern auch alle sonstigen Verfahren, in denen Rechtsschutz gegen eine störende Handlung durch ein Kraftfahrzeug angestrebt wird. Eingegriffen werden soll laut Erläuterungen nur in die Tarifordnung betreffend jene Fälle, denen vom Gegner gar nicht entgegengetreten wird. Zur Verdeutlichung wird eine Berechnung der kostenseitigen Auswirkungen für den Bereich des RATG angeschlossen, wonach sich der diesbezügliche Tarif auf 107,76 Ꞓ beläuft.
Um Leitentscheidungen zu erhalten, wird es überdies für einen begrenzten Zeitraum von fünf Jahren möglich sein, in Besitzstörungssachen den Obersten Gerichtshof (OGH) anzurufen. Auch die anderen Maßnahmen sind vorerst auf fünf Jahre befristet. Mit einer zusätzlichen Feststellung im Justizausschuss hatten ÖVP, SPÖ, NEOS und FPÖ unterstrichen, dass aus ihrer Sicht geringfügige Eingriffe, wie etwa das einmalige kurzfristige Anhalten, Befahren oder Umdrehen auf einer befestigten Fläche, ohne dass dadurch jemand behindert worden oder ein Schaden entstanden ist, keine Störungshandlung darstellen würden.
Mit dem heutigen Beschluss beende man die Abzocke von Autofahrern, sorge dafür, dass der Missbrauch des legitimen Instruments der Besitzstörungsklage endet und entziehe diesem Geschäftsmodell die Grundlage, so Justizministerin Anna Sporrer. In den betreffenden Anwaltsschreiben seien oft mehrere hundert Euro gefordert und andernfalls ein kostspieligeres Gerichtsverfahren angedroht worden. Nunmehr würden die Kosten für Gerichtsgebühren und Rechtsanwaltstarife in diesen Fällen gesenkt und ebenso befristet mit einer „Sunset Clause“ der Rechtszug zum OGH ermöglicht. Sie sei zuversichtlich, dass der OGH für Rechtsklarheit sorgen werde, so Sporrer.
Dem Missbrauch des Rechtsinstruments in der Besitzstörung werde heute ein Riegel vorgeschoben, meinte auch Markus Tschank (FPÖ). Die vorliegende Lösung sei aber noch kein Allheilmittel, man werde wachsam bleiben. So wäre etwa die Einführung eines Schikaneverbots aus seiner Sicht eine Möglichkeit zur Verschärfung.
Für die entsprechenden Fälle würden heute die Gerichtskosten und Anwaltskosten gesenkt, zudem würden höchstgerichtliche Entscheidungen ermöglicht, so Alma Zadić (Grüne). Sie werde zustimmen, bemängelte aber, dass mit der Ausschussfeststellung eine materiellrechtliche „Handreiche“ an den OGH geschickt werde.
Der Drohung, dass bei Nichtbezahlung solcher Abmahnungen die Gerichtskosten höher ausfallen würden, werde heute die Grundlage entzogen, so Sophie Marie Wotschke (NEOS). Wenn man diesen Streit antrete, werde man künftig deutlich geringere Kosten haben.
Auch Selma Yildirim (SPÖ) zeigte sich erfreut, dass diesen missbräuchlichen Androhungen betreffend Besitzstörung und der Abzocke ein Riegel vorgeschoben werde. Sollte es zum Verfahren kommen, seien für diese Fälle die Tarife so herabgesetzt worden, dass das für niemand mehr lukrativ sei. Auch Muna Duzdar (SPÖ) unterstrich, dass mit dem Missstand der letzten Jahre aufgeräumt werde. Es sei hier gelungen, mit kleinen gesetzlichen Eingriffen dem Missbrauch die Grundlage zu entziehen, indem man Gerichtsverfahren für diese Fälle kostengünstig und niederschwellig mache.
Klaus Fürlinger (ÖVP) erörterte in seiner Rede, er sei im Zusammenhang mit seiner Erkrankung, die auch seine Sprache betreffe, auf die Initiative „Zero Project“ aufmerksam gemacht worden und habe sich für seine heutige Rede von der Möglichkeit überzeugen lassen, einen Stimmavatar einzusetzen. Er wolle damit auch anderen Menschen in ähnlichen Situationen Hoffnung geben, so Fürlinger. Was den heutigen Gesetzesbeschluss betrifft, sei es unter Missbrauch des bestehenden Rechts zu überhöhten Schadenersatzforderungen gekommen, um aus „Lappalien“ ein einträgliches Geschäft zu machen. Ein legistischer Eingriff in das Recht des Besitzes erschien allerdings allen als schwierig. Daher gebe es zum Beschluss auch eine „Handreichung“ an die Gerichte in Form der Ausschussfeststellung. Diese Feststellung – mit dem OGH als Background – sowie die Auslaufregel der gesetzlichen Änderungen nach fünf Jahren sollten aus seiner Sicht reichen, Missbrauch zu beschränken oder gar zu verhindern.
WERTSICHERUNGSKLAUSELN IN MIETVERTRÄGEN
Zahlreiche Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen, insbesondere im Verhältnis zwischen Verbrauchern und Unternehmern, seien in den letzten Jahren zum Gegenstand von Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof geworden. So habe im Lichte einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) eine der Regelungen nach dem Konsumentenschutzgesetz über unzulässige Vertragsbestandteile keine Relevanz mehr für Mietverträge oder sonstige längerfristige Dauerschuldverhältnisse, heißt es in den Erläuterungen. Mit der vorliegenden Gesetzesänderung soll die entsprechende Regelung dahingehend präzisiert werden. Außerdem werden Klarstellungen zu den Regelungen der gröblichen Benachteiligung nach dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) vorgenommen. Beide Änderungen sollen auch auf bestehende Verträge anzuwenden sein.
Die Entscheidungen des OGH zu Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen hätten zu Unsicherheiten geführt, zudem seien gravierende Auswirkungen auf Einzelverträge befürchtet worden, so Justizministerin Sporrer. Mit der Reform soll für Dauerschuldverhältnisse die rechtliche Basis für Rechtssicherheit sowie Planungssicherheit geschaffen werden. Im Gegensatz zur reinen Rechtsprechung des OGH werde nunmehr das Recht auch kodifiziert.
Auch er sei der Meinung, dass etwas zur Klarstellung zu diesen Fragen getan werden müsse, so Harald Stefan (FPÖ). Was heute vorliege, führe aber nicht dazu, meinte er. Im ABGB sehe er für Mietverträge „nichts gemacht“, zum Konsumentenschutzgesetz habe der OGH bereits die Klarstellung getroffen. Die Problematik mit unzulässigen Wertsicherungsklauseln bleibe daher bestehen.
Derzeit sei nicht klar, ob der OGH von seiner jüngsten Rechtsprechung in dieser Sache betreffend das Konsumentenschutzgesetz abweichen werde, so Elke Hanel-Torsch (SPÖ). Daher würde hier der Rahmen klargestellt und würden auch im ABGB klare Regelungen getroffen. Mieterinnen und Mieter bräuchten ein Mietrecht, das schützt und keine teuren Gerichtsverfahren, zeigte sie sich überzeugt. Die Rechtsprechung des OGH habe Befürchtungen ausgelöst wie etwa, dass Mietzinse rückwirkend auf den Anfangszins fallen oder Anpassungen gar nicht mehr möglich seien, so Jakob Grüner (ÖVP). Wertsicherungsklauseln seien notwendig, sonst würde niemand mehr langfristige Verträge abschließen. Rechtsunsicherheiten in diesem Zusammenhang bezeichnete er als höchst gefährlich, weil sie den Neubau, Sanierungen und damit das Angebot lähmen würden und das wiederum die Preise steigen lasse.
Der OGH habe auch erklärt, dass die Wertsicherungsklausel in vielen Verträgen nicht gerecht sei, meinte Alma Zadić (Grüne). Mit den jetzigen Gesetzesänderungen würden Ansprüche von Mietern mit einem Schlag vernichtet, wies sie dazu auf „vernichtende Stellungnahmen“ zum Gesetz etwa der Arbeiterkammer oder der Mietervereinigung hin. Man hätte abwarten können, wie der OGH tatsächlich entscheide. Sie habe von einem Abtausch in der Koalition gegen den aktuellen „Minimietdeckel“ gehört. Den Preis würden jetzt die Mieter zahlen. Von einem „wahrscheinlich größten Sündenfall der Zweiten Republik“ sprach Nina Tomaselli (Grüne), zumal hunderte Millionen von Ansprüchen von Mieterinnen und Mietern vernichtet würden. (Fortsetzung Nationalrat) mbu
HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar
————————-
Pressedienst der Parlamentsdirektion
Parlamentskorrespondenz
Tel. +43 1 40110/2272
pressedienst@parlament.gv.at
www.parlament.gv.at/Parlamentskorrespondenz
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
© Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender