Kommentar: Was den Patienten helfen würde

Düsseldorf (ots) – Für Patienten, deren Operation oder Untersuchung abgesagt wurde, ist der Streik der Uniklinik-Ärzte ein Ärgernis. Wie so oft sind Unbeteiligte die Leidtragenden des Arbeitskampfes. Schuld an der Zuspitzung sind die Arbeitgeber: In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit konnten sie es sich noch leisten, junge Ärzte auszubeuten. Bereitschaftsdienste wurden schlecht oder gar nicht bezahlt, 24-Stunden-Dienste waren üblich. Mit seinem Streik im Jahr 2006 schaffte der Marburger Bund den Durchbruch: Er erzwang einen Tarifvertrag für Klinikärzte und setzte durch, dass Bereitschaftszeit als Arbeitszeit anerkannt wurde. Der Marburger Bund zeigte erstmals, wie mächtig eine Spartengewerkschaft sein kann. Vieles ist seither besser geworden, doch noch ist nicht alles gut. Die Hälfte der Klinikärzte fühlt sich laut Umfragen häufig überlastet, drei Viertel klagen über gesundheitliche Beeinträchtigungen. Das können sich die Kliniken nicht länger leisten, zumal sich der Fachkräftemangel verschärfen wird. Ein Medizinstudium ist auch viel zu teuer dafür, anschließend Ärzte zu Unternehmensberatungen oder Pharmafirmen abwandern zu lassen. Vor allem sollte den Kliniken die Sicherheit der Patienten am Herzen liegen: Wer will schon von übermüdeten Ärzten behandelt werden?
Wenn die Länder als Arbeitgeber der Uniklinik-Ärzte nun jammern, wie sie das denn finanzieren sollen, sollten sie die Diagnosen zum deutschen Gesundheitssystem lesen: Das leidet an Unter-, Über- und Fehlversorgung. Es gibt nicht zu wenig Geld, das Geld ist nur falsch verteilt. Wenn die Politik endlich die Wald-und-Wiesen-Kliniken schließen würde, die alles können, aber nichts richtig, könnten Länder viele Investitionsmittel einsparen und in die Ausstattung der verbleibenden Häuser stecken. Das würde nicht nur Ärzten helfen, sondern vor allem den Patienten.

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