Fossilfrei – das geht!
Fossilfrei – das geht!
VÖZ: Beton ist Teil der Lösung
Der 6. Sachstandsbericht des IPCC, des internationalen Weltklimarates, zeigt schonungslos auf: Der Einsatz von fossiler Energie treibt die Klimakrise voran und muss dringend drastisch reduziert werden. Gerade das Bauen und Wohnen ist maßgeblich für den Ausstoß von Treibhausgasen verantwortlich, erste erfolgreiche Vorzeigebeispiele zeigen aber: Es geht ohne fossile Energie. Soeben fertiggestellt und übergeben wurden 295 Wohnungen in der Käthe-Dorsch-Gasse 17, im 14. Bezirk in Wien. Das innovative Energiekonzept ermöglicht eine von fossilen Brennstoffen unabhängige und nachhaltige Wärme-/Kälteversorgung der gesamten Wohnhausanlage. Das Herzstück der Wärmeversorgung sind zwei Sondenfelder mit 64 Erdwärmesonden in je 150 Metern Tiefe. Die Warmwasseraufbereitung erfolgt mittels Abwasserwärme-Rückgewinnung und Wärmepumpen, die Beheizung wird mittels Wärmepumpen und einer Niedertemperatur-Solaranlage sichergestellt. Die Wärmeversorgung erfolgt über Bauteilaktivierung der Decken. Im Sommer werden die Räume über die Decken gekühlt, mit der generierten Abwärme werden die Tiefensonden regeneriert. Mittels einer vom Austrian Institute of Technology, AIT, durchgeführten dynamischen Energieflusssimulation konnte eine sehr wirtschaftliche Auslegung der Systemkomponenten erfolgen. Die Stromversorgung erfolgt über eine PV-Anlage sowie aus dem öffentlichen Netz. Umsetzung, Monitoring und Optimierung des Gesamtsystems der Wärme- und Kälteversorgung erfolgen im Rahmen eines Forschungsprojekts im Programm „Stadt der Zukunft“ unter Projektleitung von Schöberl & Pöll.
Michael Gehbauer, Geschäftsführer WBV-GPA, freut sich über die erfolgreiche Fertigstellung des Projekts: „Uns ist es ein besonderes Anliegen, neben den besonderen Wohnlösungen – u. a. für Alleinerziehende – auch ein gemeinsam mit dem AIT in Hinsicht auf die fossilfreie Zukunft zur Versorgung der Wohnhäuser mit erneuerbarer Energie entwickeltes Energiekonzept realisiert zu haben. Wir sind davon überzeugt, mit diesem Projekt neue Maßstäbe in puncto Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu setzen.“
Westlich des neuen Wohnquartiers entstanden eine Wohnhausanlage der Migra mit 160 Wohnungen sowie der Bildungscampus Deutschordengasse, mit Kindergarten, Volksschule, Mittelschule, sonderpädagogischen Einheiten und einer Musikschule, und ebenso mit einem wegweisenden Energiekonzept mit Bauteilaktivierung und ohne fossile Energieträger.
SOZIALER WOHNBAU IN NIEDERÖSTERREICH
In Wolfsbrunn/Sommerein, entstand der erste soziale Wohnbau Niederösterreichs mit Bauteilaktivierung. Ein zweigeschossiges Gebäude mit 22 Wohnungen für Generationenwohnen und 14 Reihenhäuser wurden bereits realisiert. Die Siedlung zeigt als Demonstrationsprojekt, wie Bauteilaktivierung in Kombination mit erneuerbaren Energiegewinnungssystemen funktioniert. Der gemeinnützige Bauträger Südraum/EBSG ist stolz, zu den Vorreitern in puncto Klimaschutz wie auch leistbarem Wohnraum zu zählen.
Architekt Ralf Steiner, AW/Architekten, schlug dem Bauträger die thermische Bauteilaktivierung als alternatives Heiz- und Kühlsystem vor: „Das System der thermischen Bauteilaktivierung ermöglicht umweltfreundliches Heizen und Kühlen, mit einzigartigem Komfort. Es gibt keine Zugluft, die Strahlungswärme temperiert die Räume gleichmäßig.“ Sebastian Spaun, Geschäftsführer der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie, ergänzt: „Erneuerbarer Strom wird zu den kostengünstigsten Zeiten bezogen, in die Betondecke eingespeichert und bei Bedarf zur Temperierung der Räume verwendet. Mit ihrer hohen Speicherkapazität fungieren die Betondecken als Akku für die alternative Überschussenergie.“
ERSTE ERGEBNISSE
Die Ergebnisse aus dem Monitoring der Wohnhausanlage in Sommerein zwischen August 2020 und Juli 2022, zeigen die hohe Effizienz der Anlage. Die Monitoringdaten wurden von Bauphysiker Klaus Kreč ausgewertet, mit Unterstützung der Energie- und Umweltagentur des Landes Niederösterreich und weiterer Projektpartner. Unabhängig von den Außentemperaturen konnte die Raumtemperatur über zwei Jahre extrem konstant gehalten werden. Der Unterschied zwischen der Oberflächentemperatur der thermisch aktivierten Decke und der Raumtemperatur blieb dabei kleiner als 0,7 Kelvin. Das Ziel, den Großteil des Stromverbrauchs für die thermische Konditionierung des Wohnhauses durch Wind-Überschussstrom zu decken, konnte ebenso erreicht werden.
„Großflächige Betonbauteile ersetzen den klassischen Heizkörper bzw. die Klimaanlage. Die Bauteilaktivierung ist prädestiniert für die Koppelung mit erneuerbaren Energiequellen; damit wird Klimaschutz im Wohnbau aktiv umgesetzt. Die thermische Bauteilaktivierung ermöglicht passives und damit umweltfreundliches Kühlen – ein Thema, das durch die zunehmenden Hitzeperioden von steigender Bedeutung ist, wie auch der aktuelle IPCC-Bericht zeigt“, so Spaun überzeugt.
ERFOLGREICHE CO2-REDUKTION
Das zurzeit in Bau befindliche Bürogebäude Francis, im Althan Quartier in Wien Alsergrund, zeigt das Potential für drastische CO2-Reduktion auf. Auf dem 2,4 Hektar großen Areal direkt über dem Franz-Josefs-Bahnhof entsteht das neue Stadtteilzentrum Althan Quartier innerhalb des Gürtels, nicht unweit der Innenstadt. Hier werden Büros, Co-Working-Spaces, Gastronomie, Nahversorger, Geschäfte und Dienstleister, hochwertige Wohnungen sowie ein Hotel und eine Parkgarage Platz finden. Francis ist das Herzstück des neuen Althan Quartiers und zugleich der Bauteil im Bestand, der mit rund 40.000 Quadratmetern Nutzfläche für Büro und Gewerbe ausgebaut wird. Die ressourcenschonende Umnutzung des Bestandes erspart laut der Nachhaltigkeitsstudie der Werner Sobek AG rund 67 Prozent an CO2-Emissionen. So wurden den Bewohnern Wiens bis zu 12.000 Lkw-Schuttfuhren und damit eine enorme Feinstaubbelastung erspart. Der Bauherr 6B47 setzt bei der Projektentwicklung auf Nachhaltigkeit, das Stahlbetonskelett des Gebäudes bleibt erhalten, aber eine neue Decke für die drei zusätzlichen Geschosse – mit Bauteilaktivierung – wird errichtet. Die rund 8.500 Quadratmeter große, vorgefertigte Kastendecke vom Typ Ceiltec®-B wurde von dem deutschen Unternehmen Innogration geplant und realisiert, das sich auf Deckensysteme mit Bauteilaktivierung und mit komplett integrierter Gebäudetechnik in einem schlanken, flexiblen System aus Beton spezialisiert hat. Mit der Sandwich-Konstruktion erreichte Innogration 1.600 Tonnen CO2-Reduktion. Die schlanke Betonkonstruktion büßt nichts an Tragfähigkeit ein, trägt aber maßgeblich zum Klimaschutz bei.
Die österreichische Zementindustrie bekennt sich in ihrer Roadmap 2050 zum Klimaschutz und leistet mit Aktivitäten in Forschung und Innovation, wie u. a. das Monitoringprojekt in Sommerein, aber auch mit Investitionen der Betriebe ihren Beitrag, in dem Bewusstsein, dass diese als eine der CO2-intensiven Industrien in der Verantwortung steht. CO2-effiziente Zemente wie auch die Speicherfähigkeit von Beton sind wichtige Maßnahmen der Roadmap, die sich an der europäischen Zementindustrie und an deren 5-C-Strategie orientiert. „Der IPCC-Bericht ist erschütternd und so wie die Klimaschutzziele von Paris für uns verbindlich sind, erwarten wir uns diese Verbindlichkeit auch von der Politik, die jetzt die Weichen für eine CO2-freie Industrieproduktion in Österreich stellen muss. Österreich benötigt dringend ein Klimaschutzgesetz wie auch das Erneuerbare Wärme-Gesetz, um Verbindlichkeit für einen klima- und umweltfreundlichen Umgang mit unseren knappen Ressourcen herzustellen“, ist Spaun überzeugt.
AKTUELLE FORSCHUNGSPROJEKTE:
IEA ES (Energy Storage) Task 43: Standardisierte Nutzung von Gebäudemasse als Speicher für erneuerbare Energien und Netzflexibilität
Sozial100%Erneuerbar: 100% erneuerbare Wärme- und Kälteversorgung im sozialen Wohnbau – das Demonstrationsprojekt Käthe-Dorsch-Gasse
Netzflexibler Wohnbau als Energiespeicher für Windstromspitzenlasten im öffentlichen Stromnetz, Projekt 2267 NÖ Wohnbauforschung
https://www.noe.gv.at/noe/Wohnen-Leben/Projektdokumentation.html
Weitere Infos und Fotos: Claudia Dankl, Geschäftsführung Zement+Beton
Tel: +43 1 714 66 81
E-Mail: dankl@zement.at
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