36. Wiener Landtag

36. Wiener Landtag

Fragestunde

In der siebenten Anfrage, die an den amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe für Klima, Umwelt, Demokratie und Personal Jürgen Czernohorszky gerichtet war, erkundigte sich LAbg. Dr. Markus Wölbitsch, MIM (ÖVP) nach der „Notkompetenz“, wie sie etwa im Falle der Wien Energie zur Anwendung kam. Stadtrat Czernohorszky sagte, dass es sich bei derartigen Notkompetenzen um kein Wiener Spezifikum handle –  es gebe sie auch auf anderen Ebenen und in vielen Gemeinden. Die genauen Regelungen seien in Wien in der Stadtverfassung einzusehen. Es ginge allgemein darum, Schaden von der Gemeinde abzuwenden und schnell zu reagieren. Mit 1. Februar wurde diesbezüglich ein Leitfaden erlassen. Eine Änderung der Notkompetenz benötige eine Änderung der Stadtverfassung.

AKTUELLE STUNDE

Im Anschluss an die Fragestunde wurde die Aktuelle Stunde Debattiert. Das Thema lautete “Wiener Schulen am Limit: Schlechte Reformen, rot-pinke Mutlosigkeit – Es braucht wirksame Ideen gegen fehlende Lehrer:innen!” und war von den Grünen eingebracht worden.

LAbg. Felix Stadler, BSc, MA (GRÜNE) stellte fest, dass in Wien der Lehrer*innenmangel immer massiver werde. Es gebe bereits in den Kindergärten zahlreiche Probleme. Dazu gehören etwa Deutschförderung oder der Mangel an sprachlicher und ökonomischer Durchmischung. Nach vier Jahren habe die sogenannte Fortschrittskoalition mit einem NEOS-Bildungsstadtrat es nicht geschafft, im Bildungsbereich strukturelle Änderungen und Maßnahmen umzusetzen. Zwar habe es vereinzelt Änderungen gegeben, jedoch sei strukturell „nichts auf den Boden gebracht“ worden. Auch an den Schulen sah Stadler eine Reihe an Mängeln. Die fehlende Durchmischung sprachlicher und ökonomischer Natur nannte er das drängendste Thema im Wiener Bildungsbereich. Darüber hinaus kritisierte Stadler weiterhin fehlende Schulautonomie. Alle Schüler*innen haben ein Bildungssystem verdient, in dem sie sich entfalten und ihre Stärken nutzen könnten. Tatsächlich sei nach vier Jahren Neos dieses Ziel teilweise weiter entfernt als zuvor, schloss Stadler.

LAbg. Maximilian Krauss, MA (FPÖ) bescheinigte seinem Vorredner, „zumindest eine Problemfindung“ begonnen zu haben. Er sei jedoch gespannt, wie es bezüglich Verteilung der Schüler*innen auf verschiedene Bezirke in den „Bobo-Bezirken“ aussehen würde, in denen die Grünen die Bezirksvorstehung stellen würden. Über 70 Prozent der Schüler*innen würden angeben, Deutsch nicht als Umgangs- oder Alltagssprache zu nutzen, so Krauss. Diese könnten „niemals“ Deutsch auf einem Niveau beherrschen, das notwendig wäre. Es müsse ein System des Drucks und der Konsequenzen für Eltern und Schüler*innen geben, die nicht Deutsch sprechen wollen, da es auch um ihre eigene Zukunft gehe. Die für Bildung zuständigen Neos hätten das „Elend im Bildungsbereich“ fortgesetzt und in vielen Bereichen zu Verschlimmerungen geführt. Dies zeige sich auch in der Kriminalitätsstatistik an Schulen. Es hätte etwa über 800 Suspendierungen an Wiener Schulen gegeben. Die Bildungspolitik liege in Wien „im Argen“, so Krauss. Dies sei auch auf Bundesebene der Fall, wo ÖVP und Grüne regieren würden. 

LAbg. Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS) verwies darauf, dass ihr Vorredner Stadler mit keinem Wort die Bildungspolitik der Bundesregierung erwähnt habe. Dabei seien viele Schwierigkeiten im Schulwesen im Bereich des Bundes zu lösen, so Emmerling. Wo die Neos zuständig seien, gehe in der Bildungspolitik „viel weiter“. Bei strukturellen Verbesserungen hätten die Grünen selbst dagegen gestimmt. Sie zählte eine Reihe an Investitionen und Verbesserungen im Bereich der Elementarpädagogik auf, wie etwa Ausbildungsboni und Erhöhung der Zahl der Planstellen. Dies sei auch an den Wiener Schulen der Fall, etwa bei Teach for Austria an Volksschulen oder dem Jobticket für Lehrkräfte.

LAbg. Harald Zierfuß (ÖVP) sagte, dass vor allem im Bildungsbereich die letzten Jahre „turbulent“ gewesen seien. Höre man sich jedoch die Verantwortlichen in Wien an, seien Lehrermangel, Deutschprobleme, Gewaltprobleme in Wien „gelöst“. Es gebe aber tatsächlich nirgendwo in Österreich eine derartige Lehrerflucht, Gewaltprobleme und Sprachprobleme. Aus diesem Bereich können sich die für die Bildungspolitik Verantwortlichen nicht herausreden, so Zierfuß. Anstatt den Schulen mehr zu helfen, habe es unter den Neos für die Schulen sogar weniger Mittel gegeben. Zierfuß erwähnte auch die Zahl der Schüler*innen, die nicht ausreichend Deutsch könnten. Dadurch würde „tausenden Kindern die Zukunft geraubt“, was nicht akzeptiert werden könne. Zwar habe man in Wien die Zahl der Schulsozialarbeiter erhöht, es würde aber ein Vielfaches an solchen fehlen. Ebenso verhalte es sich mit den School Nurses. Er hoffe, so Zierfuß abschließend, dass nicht noch weitere Jahre der Neos-Bildungspolitik nach der kommenden Wahl in Wien hinzukommen würden.

LAbg. Mag. Nicole Berger-Krotsch (SPÖ) sagte, es brauche alle Parteien, um das „verstaubte“ Bildungssystem in Österreich aufzubrechen. Sie sei bereit, Verbesserungen zu erreichen, sah jedoch ebenfalls Mängel in der Bundespolitik. Es gebe im Wiener Regierungsprogramm noch eine Reihe an Vorhaben, die umgesetzt werden. Diese liefen neben den alltäglichen Herausforderungen, die zu bewältigen seien. Berger-Krotsch zählte ergänzend zu ihrer Vorrednerin Emmerling umgesetzte Projekte und Initiativen auf und sagte, dass auch künftig am Bildungssystem gearbeitet werde. 

LAbg. Stefan Berger (FPÖ) fragte, wie lange die Neos in Regierungsverantwortung sein müssten, bis Verbesserungen zu sehen wären. In der Vergangenheit sei es stetig zu Verschlechterungen gekommen. Genannte Verbesserungen seien allzu oft ein „Tropfen auf dem heißen Stein“. Es sei zu sehen, so Berger, dass es immer öfter Protestaktionen von Angestellten im Bildungsbereich gebe. Er zitierte negative Online-Bewertungen gegenüber der Bildungsdirektion. Er frage sich erneut, wie lange die Neos noch brauchen würden, um administrativ für Besserung zu sorgen, so Berger. Es sei höchste Zeit, die vielen Probleme im Bildungswesen in den Griff zu bekommen.

LAbg. Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS) zeigte sich erstaunt über die „Schweigsamkeit der Grünen“, wenn es um Bereiche gehe, die auf der Bundesebene gelöst werden müssten. Im Bereich der Bildungspolitik sei es in deren Verantwortung bei strukturellen Fragen lediglich zu „Mikroänderungen“ gekommen. Wien schaffe es hingegen, aufgrund von Ukrainekrieg und Familienzusammenführungen stark angewachsene Schüler*innenzahlen zu bewältigen. Zudem werde versucht, bestmöglich alle Lehrkräfte zu unterstützen.

LAbg. Mag. Mag. Julia Malle (GRÜNE) zeigte sich ihrerseits erstaunt darüber, dass ihr Vorredner Erfolge der Stadtpolitik präsentiere, wobei diese vom Bund mitfinanziert worden seien. Sie verwies auf den kürzlich angelaufenen Film „Favoriten“, der eine Wiener Schulklasse begleitet habe. Hier habe sich gezeigt, dass die Deutschkompetenz ein gravierendes Problem der Jugendlichen sei. Dies beginne bereits bei der Elementarpädagogik. Es brauche Sprachförderkräfte, die dauerhaft in den jeweiligen Teams seien, um Beziehungen zu den Kindern aufbauen zu können. Auch die Kommunikation mit Eltern können nicht bloß über Strafen erfolgen. Es gebe im Wiener Schulsystem gravierende Probleme, so Malle, und schloss mit einem Zitat aus dem genannten Film: „Geht es den Lehrer*innen gut, geht es auch den Schüler*innen gut“. (Forts.) jaz

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