Finanzausschuss: OeNB rechnet aufgrund der US-Zollpolitik mit weiterem Rückgang des BIP um 0,3 %

Finanzausschuss: OeNB rechnet aufgrund der US-Zollpolitik mit weiterem Rückgang des BIP um 0,3 %

Aussprache mit Gouverneur Holzmann und Vize-Gouverneurin Stiftinger über geld- und währungspolitische Maßnahmen

Die aggressive US-Zollpolitik habe einen enormen Schock in der Weltwirtschaft ausgelöst und für ein hohes Maß an Unsicherheit gesorgt, erklärte heute Nationalbank-Gouverneur Robert Holzmann im Finanzausschuss des Nationalrats. Sollten die für Juli geplanten zusätzlichen Zollerhöhungen in Kraft treten, dann müsse laut Berechnungen der OeNB von einem weiteren Rückgang des österreichischen BIB von insgesamt 0,3 % ausgegangen werden. In der März-Prognose hat die Nationalbank noch ein Minus von 0,1 % angenommen.

An der traditionellen halbjährlichen Aussprache über die erfolgten geld- und währungspolitischen Maßnahmen (1. Halbjahresbericht 2025) nahm erstmals die seit Dezember 2024 neubestellte Vize-Gouverneurin Edeltraud Stiftinger teil, die vor allem über die Entwicklung des Bankensektors in den letzten zehn Jahren, den Goldbestand der Nationalbank sowie die aktuellen Bilanzdaten der OeNB informierte.

Die Abgeordneten interessierten sich für eine Vielzahl an Themen, die von den Richtlinien für die Kreditvergabe an Private (KIM-Verordnung), der Sicherstellung der Bargeldversorgung in Österreich, der Quote an notleidenden Krediten bis hin zur Einführung des digitalen Euro reichten. Aus zeitlichen Gründen konnte nur ein Teil der Fragen beantwortet werden, da gleich anschließend noch eine weitere Sitzung des Finanzausschusses anberaumt war.

HOLZMANN: HÖCHSTE ZÖLLE SEIT 100 JAHREN FÜHREN ZU ENORMER GLOBALER UNSICHERHEIT

Der Internationale Währungsfonds (IWF) habe seine Prognose für 2025 um 0,5 Prozentpunkte auf 2,8 % gesenkt und erwarte für 2026 nur noch 3 % an globalem Wachstum, f ührte OeNB-Gouverneur Robert Holzmann bei seiner letzten Aussprache im Ausschuss aus, zumal seine Amtszeit im August endet. Da die Trump-Administration die „absolut höchsten Zölle“, die es in den letzten hundert Jahren gegeben hat, einführen wolle, sei die globale Wirtschaftsentwicklung von hoher Unsicherheit geprägt.

Davon betroffen sei natürlich auch Europa, weshalb die Europäische Zentralbank (EZB) die Wachstumsaussichten für 2025 und 2026 um jeweils 0,2 Prozentpunkte nach unten korrigiert habe, gab Holzmann bekannt. Das reale BIP-Wachstum für das Jahr 2025 soll somit bei 0,9 % liegen (Stand März), mit einer Steigerung auf 1,2 % im Jahr 2026 und auf 1,3 % im Jahr 2027. Außerdem erwarte die EZB einen Rückgang der Inflationsrate auf 2,3 % für das gesamte Jahr. Die – seiner Einschätzung nach aussagekräftigere – Kerninflation (ohne Energie und Nahrungsmittel) soll 2,2 % betragen.

ÖSTERREICH: WIRTSCHAFTSENTWICKLUNG VON KONSUMSCHWÄCHE UND INDUSTRIEREZESSION GEPRÄGT

Für die österreichische Wirtschaftsentwicklung seien vor allem die ausgeprägte Konsumschwäche sowie die Industrierezession von entscheidender Bedeutung, erläuterte der Nationalbank-Gouverneur. Während heuer beim BIP – wie schon in den beiden Vorjahren – mit einem Rückgang von 0,3 % gerechnet werden müsse, sollte sich die Inflationsrate bei 2,9 % stabilisieren. Ein großer Preistreiber sei dabei etwa der Dienstleistungssektor, gab Holzmann zu bedenken. Trotz der Realeinkommenszuwächse sei zudem die Sparquote in Österreich noch immer sehr hoch, merkte er an. Daran werde sich wohl auch wenig ändern, solange die wirtschaftlichen Aussichten so schwer einschätzbar seien.

Der heimische Industriesektor leide vor allem darunter, dass die Lohnstückkosten in den letzten Jahren deutlich stärker als bei den Handelspartnern gestiegen seien, erläuterte Holzmann. Österreich sei im Vergleich zu den restlichen 19 Ländern im Euroraum um etwa 8 % teurer geworden. Grundsätzlich müsse man aber auch sehen, dass Österreich noch immer eines der höchsten BIP pro Kopf aufweise, bestätigte er dem Abgeordneten Andreas Hanger (ÖVP). Es rangiere nach den Niederlanden an zweiter Stelle.

US-IMPORTZÖLLE TREFFEN ZWAR SPEZIFISCHE BEREICHE, FÜR ÖSTERREICH ABER VERKRAFTBAR

Trotz schwieriger Rahmenbedingungen habe Österreichs Außenwirtschaft 2024 mit 11,7 Mrd Ꞓ bzw. 2,4 % des BIP eine deutlich positive Leistungsbilanz aufgewiesen, ist dem Bericht der OeNB zu entnehmen. Rund 80 % der Gesamterlöse (223 Mrd. Ꞓ) würden dabei auf innereuropäische Wirtschaftsbeziehungen entfallen. Auch wenn die Exporteinnahmen (Güter und Dienstleistungen) aus den USA mit rund 18 Mrd. Ꞓ vergleichsweise gering ausfallen, so sei Österreich etwa als Zulieferer von industriell bearbeiteten Waren oder von Maschinen- und Fahrzeugteilen über seine Handelsbeziehungen mit Deutschland indirekt mit den USA verbunden, führte Holzmann ins Treffen. Die US-Importzolle würden vor allem die Produzenten von medizinisch-pharmazeutischen Erzeugnissen sowie von Maschinen und Fahrzeugen betreffen, seien in Summe aber verkraftbar, betonte der OeNB-Gouverneur.

OENB WILL BARGELDVERSORGUNG DURCH BEREITSTELLUNG VON BANKOMATEN IM LÄNDLICHEN RAUM SICHERN

Die Nationalbank habe sich beim Thema Bargeldversorgung sehr stark eingebracht, betonte Holzmann gegenüber FPÖ-Mandatar Max Linder und SPÖ-Abgeordneten Kai Jan Krainer (SPÖ). Um Versorgungslücken im ländlichen Raum zu schließen, habe man eine Vereinbarung mit dem österreichischen Gemeindebund abgeschlossen, die die Bereitstellung von 60 bis 120 Geldausgabeautomaten durch die OeNB zum Inhalt hat. Priorisiert würden dabei vor allem größere Kommunen, aber auch Gemeinden mit einer besonders langen Wegstrecke zum nächsten Automaten. Es stehe dem Gesetzgeber aber frei, andere Lösungen anzudenken und etwa wie in Großbritannien die Banken stärker zu verpflichten, räumte er gegenüber Abgeordnetem Kai Jan Krainer (SPÖ) ein.

Was das Projekt des digitalen Euro anbelange, so befinde man sich derzeit in der Vorbereitungsphase 1. Die OeNB sei dabei prominent vertreten und Teil der aus sechs Zentralbanken bestehenden Allianz, die zur technischen Entwicklung beitragen soll, hob Holzmann hervor. Der digitale Euro würde Europa seiner Meinung nach strategische Autonomie gegenüber nicht europäischen Zahlungssystemen und privaten Kryptowährungen mit Zahlungsfunktion (wie z. B. Stablecoins) ermöglichen. Dies sei insbesondere in Zeiten hoher geopolitischer Unsicherheit von steigender Bedeutung. Der Abgeordneten Barbara Kolm (FPÖ) gegenüber führte Holzmann ins Treffen, dass Geld eine öffentliche Angelegenheit sei, die nicht Privaten überantwortet werden dürfe.

Weiters ging der Nationalbank-Gouverneur näher auf die Geldpolitik der EZB sowie auf die Empfehlungen des IWF im Zuge der sogenannten Artikel-VI-Konsultationen ein. Auf eine Frage der Abgeordneten Ralph Schallmeiner (Grüne) und Christoph Pramhofer (NEOS) zur Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-Verordnung), die Ende Juni auslaufen werde, stellte Holzmann fest, dass er immer „ein Fan“ davon gewesen sei. Die ebenfalls von den Abgeordneten thematisierte Finanzierung von Gewerbeimmobilien sei etwas sehr Spekulatives, urteilte Holzmann, da hätte man schon früher gesetzlich eingreifen müssen.

STIFTINGER: BANKEN VERZEICHNEN HOHE GEWINNE UND KÖNNEN KERNKAPITAL ERHÖHEN

Von einer soliden Entwicklung des österreichischen Bankensektors berichtete Vize-Gouverneurin Edeltraud Stiftinger, wobei das Er gebnis auch durch Zinseinnahmen aus der Veranlagung von Überschussliquidität bei der OeNB positiv beeinflusst wurde. Im Jahr 2024 habe sich der Gewinn auf 11,5 Mrd. Ꞓ belaufen, nachdem schon 2023 mit 12,6 Mrd. Ꞓ ein Rekordwert erzielt wurde. Mit einem Kernkapital in der Höhe von 18 % liege man zudem leicht über dem europäischen Durchschnitt. Ebenso wie der IWF halte es die Nationalbank für wichtig, dass die gute Profitabilität der Banken weiterhin zum Erhalt bzw. zur Stärkung der Resilienz genutzt werden sollte. Außerdem gelte es, weiterhin wachsam gegenüber potenziellen Kreditrisiken zu sein.

Die sich seit Ende 2023 im Inland verschlechternde Kreditqualität der österreichischen Banken habe im Jahr 2024 weiter abgenommen, gab Stiftinger zu bedenken. Der Anteil der notleidenden Kredite an den Gesamtkrediten (NPL-Quote) sei auf 3 % gestiegen, wobei ein Zuwachs vor allem bei Darlehen an kleine und mittlere Unternehmen sowie im Bereich der gewerblichen Immobilienfinanzierung feststellbar gewesen sei. Österreich liege bezüglich der NPL-Quote im EU-Vergleich an sechster Stelle.

Am 24. Februar 2025 ist laut Bericht bereits das 17. Sanktionspaket der EU wegen des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine in Kraft getreten. Man befinde sich derzeit in einer Transformationsphase, da die Behördenzuständigkeit in diesem Bereich von der OeNB auf die Finanzmarktaufsicht übergegangen sei, informierte Stiftinger. Ab dem 1. Jänner 2026 werde die FMA für die Überwachung der Einhaltung von Sanktionen und die Freigabebescheide durch in Österreich zugelassene Kredit-, Finanz- und Zahlungsinstitute zuständig sein.

Die Vize-Gouverneurin nahm schließlich noch zur Bilanz der Nationalbank Stellung, die 2024 einen Verlust von 2,1 Mrd. Ꞓ ausgewiesen habe. Unter Berücksichtigung des Verlustvortrags aus dem Vorjahr ergebe sich somit ein kumuliertes Minus von 4,2 Mrd. Ꞓ. Demgegenüber stünden aber hohe Vermögenswerte wie etwa der Goldbestand von rund 280 Tonnen, der derzeit mit 26 Mrd. Ꞓ bewertet werde. (Schluss) sue

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