Sozialausschuss ebnet Weg für Einführung der Teilpension

Sozialausschuss ebnet Weg für Einführung der Teilpension
Zugang zur Altersteilzeit wird mit Abänderungsantrag weiter erschwert
Der Sozialausschuss des Nationalrats hat heute den Weg für die Einführung der sogenannten „Teilpension“ geebnet. Ab kommendem Jahr wird älteren Beschäftigten damit ermöglicht, Teilzeit zu arbeiten und parallel dazu bereits einen Teil ihrer Pension zu beziehen. Voraussetzung dafür ist, dass sie schon pensionsberechtigt sind, also beispielsweise eine Korridorpension oder eine Schwerarbeitspension in Anspruch nehmen könnten. Zudem müssen sie ihre Arbeit in einem Ausmaß zwischen 25 % und 75 % reduzieren. Darüber hinaus wird mit dem Gesetzentwurf die Altersteilzeit eingeschränkt und ein „Nachhaltigkeitsmechanismus“ zur Stabilisierung des Pensionssystems im ASVG verankert.
Gebilligt wurde die Regierungsvorlage vom Sozialausschuss – in getrennter Abstimmung – mit unterschiedlichen Mehrheiten. So erhielt etwa die Einführung der Teilpension neben der Zustimmung der Koalitionsparteien auch jene der Grünen. Die Teilpension sei „eine sehr gute, sehr gescheite Maßnahme“, war sich Grünen-Sozialsprecher Markus Koza mit den Koalitionsparteien einig. Sozialministerin Korinna Schumann zeigte sich angesichts des vielerorts bestehenden Fachkräftemangels überdies zuversichtlich, dass die Teilpension von der Wirtschaft gut angenommen werde.
Für den Nachhaltigkeitsmechanismus und die neuen Altersteilzeit-Bestimmungen konnten ÖVP, SPÖ und NEOS hingegen keine der beiden Oppositionsparteien gewinnen, zumal bei der Altersteilzeit per Abänderungsantrag noch einige weitere Verschärfungen vorgenommen wurden: So sind für den Zugang zur Altersteilzeit nach einer schrittweisen Erhöhung künftig 17 – statt 15 – Beschäftigungsjahre in den letzten 25 Jahren nötig. Außerdem wird der staatliche Lohnausgleich in den Jahren 2026 bis 2028 vorübergehend von 90 % auf 80 % gesenkt, wobei das laut Erläuterungen nur für neue Altersteilzeitvereinbarungen gilt. Begründet wird Letzteres mit einem notwendigen Beitrag zur Budgetsanierung. Man habe die Arbeitsteilzeit aber erhalten können, und die Verkürzung auf drei Jahre erfolge nicht abrupt, sondern in Schritten, hob Sozialministerin Schumann hervor.
Kritik am Gesetzespaket kommt von der FPÖ. Sie ortet weitere Verschlechterungen im Pensionssystem und zeigte sich darüber enttäuscht, dass die abschlagsfreie Frühpension bei 45 Arbeitsjahren, die sogenannte „Hacklerregelung“, nicht wieder eingeführt werde. Hier steht nun auch die SPÖ auf der Bremse: Angesichts der aktuellen Budgetlage hält sie die Forderung ohne Gegenfinanzierungsvorschlg nicht für umsetzbar.
Was die Einschränkungen bei der Altersteilzeit betrifft, bemängelten die Grünen vor allem die Verkürzung auf drei Jahre auch für jene Personen, die die Teilpension nicht in Anspruch nehmen können. Per Entschließungsantrag forderten sie überdies die Einführung eines Bonus-Malus-Systems zur Förderung der Beschäftigung von älteren Arbeitnehmer:innen, konnten sich damit aber nicht durchsetzen.
Auch weitere Oppositionsanträge, die gemeinsam mit dem Teilpensionspaket verhandelt wurden, fanden nicht den Weg ins Plenum. Die Beratungen darüber wurden – mit einer Ausnahme – vertagt. Neben der Wiedereinführung der „Hacklerregelung“ ging es dabei um die Einführung eines von Arbeitgeber:innen zu zahlenden Sonderpensionsbeitrags für Schwerarbeiter:innen, das Aussetzen der Sozialhilfe für Asylwerber:innen und subsidiär Schutzberechtigte sowie die Bildungskarenz. Ein Entschließungsantrag der Grünen gilt mit der Beschlussfassung des Teilpensionsgesetzes als miterledigt: Laut SPÖ-Abgeordneter Barbara Teiber wurde die geforderte Härtefallregel für unterbrochene Bildungskarenzen bereits umgesetzt.
ARBEITEN IN DER PENSION
Befasst hat sich der Ausschuss darüber hinaus mit einem vom Sozialministerium vorgelegten Evaluierungsbericht zum im Jahr 2023 beschlossenen Anreizpaket für längeres Arbeiten im Alter. Seit Anfang 2024 übernimmt der Bund – vorläufig für zwei Jahre befristet – einen Teil der zu leistenden Pensionsversicherungsbeiträge von Pensionist:innen, die nebenher einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Damit will man unter anderem dem Fachkräftemangel begegnen. Laut Dachverband der Sozialversicherungsträger lässt sich aus der Datenlage allerdings nicht ablesen, ob diese Förderung Pensionist:innen tatsächlich dazu motiviert hat, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Die budgetären Kosten sind laut Bericht im GSVG-Bereich jedenfalls am größten.
Was die im Regierungsprogramm verankerte „Flat Tax“ für Personen betrifft, die neben dem Pensionsbezug arbeiten, laufen laut Sozialministerin Schumann und NEOS-Abgeordnetem Johannes Gasser derzeit Gespräche. Das Sozialministerium habe in den vergangenen Monaten „Hochleistungen“ erbracht, um eine Reihe von Gesetzen auf den Weg zu bringen, sagte Schumann. „Wir arbeiten das Stück für Stück ab“, wobei es bei der „Flat Tax“ gelte, die bestmögliche Lösung zu finden. Man müsse aufpassen, dass man mit zu hohen Förderungen nicht das Vorhaben der Regierung konterkariere, das faktische Pensionsantrittsalter anzuheben, stimmte SPÖ-Abgeordnete Barbara Teiber in diesem Zusammenhang mit Grün-Abgeordnetem Markus Koza überein. Schließlich sollte die Teilpension Koza zufolge die Menschen auch dazu bewegen, über das 65. Lebensjahr hinaus weiterzuarbeiten. Schumann versicherte den Abgeordneten überdies, dass die neuen Regeln für die Bildungskarenz rechtzeitig vor Jahresende vorliegen werden.
EINFÜHRUNG EINER TEILPENSION
Ziel des sogenannten „Teilpensionsgesetzes“ (137 d.B.) ist es, das faktische Pensionsantrittsalter und die Beschäftigungsquote anzuheben sowie die langfristige Stabilität und Finanzierbarkeit des Pensionssystems sicherzustellen. Zu diesem Zweck werden unter anderem das ASVG, das Pensionsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz und das Landarbeitsgesetz geändert.
Kernpunkt der Regierungsvorlage ist die Einführung der „Teilpension“, die parallel zum Gehalt ausgezahlt werden soll, wenn ältere Beschäftigte Teilzeit weiterarbeiten, statt frühzeitig in Pension zu gehen. Die Höhe der Teilpension hängt dabei vom Ausmaß der Arbeitszeitreduktion ab. So ist vorgesehen, bei einer Reduktion zwischen 25 % und 40 % ein Viertel der laut Pensionskonto zustehenden Pension auszuzahlen. Bei einer Arbeitszeitreduktion zwischen 41 % und 60 % werden es 50 % sein, ab 61 % Arbeitszeitreduktion 75 %. Zusätzlich sind die jeweiligen Abschläge für einen vorzeitigen Pensionsantritt zu berücksichtigen. Besondere Zuwendungen wie Ausgleichszulage oder Kinderzuschuss gebühren Bezieher:innen einer Teilpension grundsätzlich nicht, der sogenannte „Frühstarterbonus“ soll aber berücksichtigt werden. Diesen erhalten Versicherte, die sehr früh zu arbeiten begonnen haben.
Sollte jemand in mehr als drei Monaten pro Jahr seine reduzierte Arbeitszeit um mehr als 10 % überschreiten oder eine zusätzliche Erwerbstätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze aufnehmen, wird die Teilpension für den entsprechenden Zeitraum gestrichen. Der Bezug von Krankengeld soll laut Gesetzentwurf hingegen nicht zum Ruhen der Teilpension führen.
Der zweite Pensionsteil wird dann beim endgültigen Pensionsantritt ausgezahlt, wobei auch hierfür die allgemeinen Abschlags- und Zuschlagsregeln gelten. Das heißt, wer über das 65. Lebensjahr hinaus weiterarbeitet, wird für diesen Pensionsteil später Zuschläge erhalten. Als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der „Abfertigung alt“ soll laut Gesetzentwurf die Arbeitszeit vor Inanspruchnahme der Teilpension herangezogen werden, wobei hierzu mit dem von den Koalitionsparteien vorgelegten Abänderungsantrag noch Präzisierungen vorgenommen wurden.
EINSCHRÄNKUNG DER ALTERSTEILZEIT
Parallel zur Einführung der Teilpension wird es zu Einschränkungen bei der Altersteilzeit kommen. Das Altersteilzeitgeld als Lohnausgleich wird Beschäftigten künftig nur noch für maximal drei Jahre zustehen und ab dem Zeitpunkt, ab dem jemand Anspruch auf eine Teilpension hat, mit gewissen Ausnahmen für Langzeitversicherte, grundsätzlich gestrichen. Das bedeutet, dass Personen mit Anspruch auf eine Korridorpension frühestens mit 60, andere Beschäftigte frühestens mit 62 in eine staatlich geförderte Altersteilzeit gehen werden können. Allerdings sieht der Gesetzentwurf eine längere Übergangsfrist vor: So wird bei Antritt der Altersteilzeit 2026 noch viereineinhalb Jahre, bei Antritt 2027 vier Jahre und bei Antritt 2028 dreieinhalb Jahre lang Altersteilzeitgeld ausgezahlt.
Um „Mitnahmeeffekte“ und etwaigen Missbrauch zu vermeiden, werden außerdem weitere Adaptierungen vorgenommen. So werden Überstunden bzw. Überstundenpauschalen im Jahr vor der Altersteilzeit bei der Berechnung des Altersteilzeitgeldes künftig nicht mehr berücksichtigt. Außerdem wird es nicht mehr möglich sein, während der Altersteilzeit eine zusätzliche Beschäftigung in einem anderen Betrieb aufzunehmen. Das gilt auch für geringfügige Beschäftigungen. Ausgenommen vom Beschäftigungsverbot sind nur entgeltliche Tätigkeiten, die bereits vor Beginn der Altersteilzeit regelmäßig ausgeübt wurden – ob in Form eines dauerhaften Zweitjobs oder unregelmäßigen Nebentätigkeiten wie Aushilfsarbeiten am Wochenende oder gelegentlichen Vorträgen ist dabei unerheblich. Wer schon jetzt in Altersteilzeit ist bzw. diese noch heuer antritt, hat bis Mitte 2026 Zeit, eine unzulässige Nebenbeschäftigung aufzugeben.
Per Abänderungsantrag wurden außerdem noch zwei weitere Verschärfungen in das Gesetzespaket eingebaut. Zum einen geht es um eine schrittweise Erhöhung der Beschäftigungsjahre, die für den Zugang zur Altersteilzeit nötig sind. Demnach müssen künftig in den 25 Jahren vor Beginn der Rahmenfrist 884 statt 780 Beschäftigungswochen vorliegen, wobei die Anpassung quartalsweise in Acht-Wochen-Schritten ab Jahresbeginn 2026 erfolgt. Somit werden erst ab 2029 17 Beschäftigungsjahre notwendig sein. Zum anderen wird der staatliche Lohnausgleich in den Jahren 2026 bis 2028 vorübergehend von 90 % auf 80 % gesenkt, wobei das laut Erläuterungen nur für neue Altersteilzeitvereinbarungen gilt, deren Laufzeit nach dem Jahr 2025 beginnt.
NACHHALTIGKEITSMECHANISMUS FÜR SICHERUNG DES PENSIONSSYSTEMS
Gemäß dem im ASVG verankerten „Nachhaltigkeitsmechanismus“ hat Sozialministerin Korinna Schumann jährlich auszuweisen, inwieweit die Pensionsausgaben des Bundes vom gesetzlich festgelegten – und am Bundesfinanzrahmen anknüpfenden – Zielpfad abweichen. Für 2026 sind etwa 20,3 Mrd. Ꞓ und für 2030 24,8 Mrd. Ꞓ festgelegt. Wird dieser Budgetpfad zwischen 2026 und 2030 um insgesamt mehr als 0,5 % überschritten, sind die erforderlichen Versicherungsjahre für die Korridorpension ab 1. Jänner 2035 weiter – in Halbjahresschritten – zu erhöhen. Überdies sind zusätzliche kostendämpfende Maßnahmen zu setzen. Davon können etwa die Pensionsbeiträge, die Pensionshöhe (Kontoprozentsatz), das Pensionsalter, die jährliche Pensionserhöhung oder die Anspruchsvoraussetzungen betroffen sein. Was den Zielpfad ab 2031 betrifft, wurden mit dem Abänderungsantrag noch Konkretisierungen vorgenommen.
KLARSTELLUNGEN ZUM ANSPRUCH AUF ERHÖHTE AUSGLEICHSZULAGE
Weiters enthält der Abänderungsantrag Erleichterungen bei bestehenden Meldepflichten für Arbeitslose, die an AMS-Schulungsmaßnahmen oder ähnlichen Angeboten teilnehmen und diese (vorübergehend) unterbrechen müssen. Außerdem werden in Reaktion auf ein OGH-Urteil aus dem Jahr 2018 Klarstellungen im ASVG in Bezug auf den Ausgleichszulagenrichtsatz und den Pensionsbonus vorgenommen. Damit wird bekräftigt, dass ergänzende Leistungen nur dann gebühren, wenn sich der Partner bzw. die Partnerin oder betroffene Kinder rechtmäßig in Österreich aufhalten. Ein im Ausschuss von den Koalitionsparteien eingebrachter ergänzender Gesetzesantrag stellt das auch für den GSVG- und den BSVG-Bereich sicher. Er wurde mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und NEOS angenommen.
Durch die Einführung der Teilpension erwartet die Regierung Einsparungen in der Höhe von knapp 197,9 Mio. Ꞓ im Jahr 2026 und 404,5 Mio. Ꞓ im Jahr 2027. Danach sollen diese wieder – auf 387 Mio. Ꞓ im Jahr 2028 und 350,8 Mio. Ꞓ im Jahr 2029 – sinken. Gleichzeitig könnten die Anpassungen bei der Altersteilzeit das Budget bis zum Jahr 2030 kumuliert rund 650 Mio. Ꞓ entlasten, wobei für 2026 mit einem Betrag von 58,9 Mio. Ꞓ und 2030 mit einem Betrag von 236 Mio. Ꞓ gerechnet wird.
BREITE ZUSTIMMUNG ZUR EINFÜHRUNG DER TEILPENSION
Die Einführung der Teilpension stieß im Sozialausschuss auf breite Zustimmung. Mit der Regierungsvorlage setze man einen wichtigen Schritt, um das Pensionssystem dauerhaft abzusichern und das faktische Pensionsantrittsalter näher an das gesetzliche Pensionsalter heranzuführen, sagte etwa Michael Hammer (ÖVP). Laut NEOS-Abgeordnetem Johannes Gasser hat es über das Paket „harte“, aber gute Verhandlungen gegeben, wobei mit der Teilpension eine langjährige Forderung der NEOS umgesetzt werde. Markus Koza (Grüne) sprach von einer „sehr guten und sehr gescheiten Maßnahme“, die einen Beitrag dazu leisten könne, das faktische Pensionsantrittsalter zu erhöhen. Zudem ist er überzeugt, dass die Teilpension bei den Arbeitnehmer:innen Anklang findet.
NEOS: NACHHALTIGKEITSMECHANISMUS IST „GUTES SIGNAL“
Insgesamt hält es NEOS-Abgeordneter Gasser für nötig, die Pensionsausgaben einzudämmen. Hier wird seiner Meinung nach mit dem Nachhaltigkeitsmechanismus „ein gutes Signal“ gesendet. Durch den Abänderungsantrag sei auch sichergestellt, dass der Zielpfad über das Jahr 2031 hinaus fortgeschrieben werde. Das hält Gasser auch deshalb für wichtig, da er erschwerte Zugang zur Korridorpension langfristig zu – geringeren – Mehrausgaben führen werde. Die NEOS hätten laut Gasser eine verfassungsrechtliche Verankerung des Nachhaltigkeitsmechanismus bevorzugt, die Opposition habe aber zu verstehen gegeben, dass sie das nicht mittragen würde.
Kritisch zum Nachhaltigkeitsmechanismus äußerte sich hingegen Grünen-Abgeordneter Koza. Für ihn ist es unverständlich, dass für den Zielpfad die Pensionsausgaben als Parameter herangezogen werden und nicht etwa auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) abgestellt wird. Hierzu merkte SPÖ-Abgeordnete Barbara Teiber an, wenn die Inflation weiter in die Höhe gehe, werde man sich den Zielpfad noch einmal anschauen müssen. Sorge bereitet die anhaltend hohe Inflation auch Sozialministerin Schumann, wobei sie zu bedenken gab, dass bei einer hohen Inflationsrate nicht nur die Pensionen, sondern auch die Einnahmen der Pensionsversicherung steigen würden.
DISKUSSION ÜBER EINSCHRÄNKUNGEN BEI DER ALTERSTEILZEIT
Verteidigt wurden von Gasser auch die vorgesehenen Einschränkungen bei der Altersteilzeit. Würde man nicht bei der Treffsicherheit ansetzen, würden die Kosten dafür in den nächsten Jahren deutlich steigen, unterstrich er. SPÖ-Abgeordnete Teiber wies zudem auf die vorgesehenen Übergangsfristen hin: Damit sei sichergestellt, dass es bei Personen, die bereits Altersteilzeit geplant hätten oder schon in Altersteilzeit sind, „zu keinen allzu großen Irritationen kommt“.
Dass die Altersteilzeit auch für jene Beschäftigte, die keine Teilpension in Anspruch nehmen können, auf drei Jahre verkürzt wird, muss Teiber zufolge außerdem unter dem Blickwinkel eines innerbetrieblichen „Gerechtigkeitsaspekts“ gesehen werden. Es würde auf wenig Verständnis stoßen, wenn Personen mit weniger Versicherungsjahren „die relativ lukrative Altersteilzeit“ fünf Jahre lang in Anspruch nehmen könnten, während Beschäftigte mit 45 Arbeitsjahren nach drei Jahren in die Teilpension wechseln müssten.
Grünen-Sozialsprecher Koza sieht die generelle Verkürzung auf drei Jahre hingegen kritisch und prophezeite „Ausweichbewegungen“. Wenn Menschen nicht mehr mit 60, sondern erst mit 62 in Altersteilzeit gehen könnten, werden der Zugang zur Invaliditätspension und die Arbeitslosigkeit steigen, glaubt er. Zudem würden die verschärften Regeln für die Anwartschaft vor allem Frauen treffen.
GRÜNE FORDERN BONUS-MALUS-SYSTEM ZUR FÖRDERUNG DER BESCHÄFTIGUNG ÄLTERER ARBEITNEHMER:INNEN
Was das von den Grünen geforderte Bonus-Malus-System zur Förderung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer:innen betrifft, hielt NEOS-Abgeordneter Gasser fest, man sei in der Regierungskoalition gerade in intensiven Verhandlungen darüber, wie man die Beschäftigung älterer Menschen steigern könne. Ein Bonus-Malus-System hält er dabei allerdings „nicht für die beste Option“. ÖVP-Abgeordneter Hammer verwies darauf, dass das Regierungsprogramm ein Anreiz- und Monitoringsystem vorsehe. Seitens der SPÖ meinte Abgeordnete Teiber, in Zeiten, in denen es wirtschaftlich schwierig laufe, sei eine Anhebung der Lohnnebenkosten ein schwieriges Unterfangen. Auch FPÖ-Abgeordnete Andrea Michaela Schartel zeigte sich in Bezug auf ein Bonus-Malus-System skeptisch.
Konkret wollte Koza Sozialministerin Schumann mit dem vom Ausschuss schließlich abgelehnten Entschließungsantrag dazu auffordern, zeitnah zur Anhebung des Zugangsalters zur Korridorpension einen Gesetzesvorschlag für ein Bonus-Malus-System vorzulegen. Unternehmen mit unterdurchschnittlich wenigeb Beschäftigten über 55 Jahren bzw. Unternehmen, die überproportional viele ältere Arbeitnehmer:innen kündigen, sollen demnach einen zusätzlichen finanziellen Beitrag leisten müssen, der zur Förderung von Unternehmen verwendet werden soll, die in altersgerechte Arbeitsplätze investieren bzw. die Beschäftigung von Menschen über 55 ausbauen. In Österreich habe sich über Jahrzehnte hinweg eine Unternehmenskultur entwickelt, die nicht ausreichend auf die Beschäftigung älterer Menschen ausgerichtet sei, argumentiert Koza. Das sieht er auch mit als Grund, warum die Beschäftigungsquote der 55- bis 64-Jährigen in Österreich deutlich unter dem EU-Schnitt liegt.
FPÖ LEHNT TEILPENSIONSGESETZ ZUR GÄNZE AB
In allen Teilen abgelehnt wurde das Teilpensionsgesetz von der FPÖ. „Teilpension“ klinge zwar gut, meinte Abgeordnete Schartel, man brauche aber die Zustimmung des Arbeitgebers, wolle man die Arbeitszeit reduzieren. Schartel bezweifelt, dass es hier von Seiten der Wirtschaft „ein Umdenken gibt“. Überdies hob sie hervor, dass viele Institutionen wie die Arbeiterkammer oder der Rechnungshof die durch die Teilpension erwarteten Einsparungen nicht nachvollziehen könnten.
Generelle Kritik an der Pensionspolitik übte Schartels Parteikollege Peter Wurm. Die Menschen hätten den Eindruck, dass es im Pensionssystem stetig schlechter werde, und alle versuchten, sich so schnell wie möglich „in die Pension zu retten“, meinte er. Wer 45 oder 47 Jahre gearbeitet habe, verstehe außerdem nicht, warum er mit Abschlägen in Pension gehen müsse, zumal der Durchschnitt bei 33 Arbeitsjahren liege. Für Wurm sind die betreffenden Menschen „die Helden der Arbeit“, die man „nicht bestrafen“, sondern vielmehr belohnen sollte. Ihm zufolge betrifft das auch immer mehr Frauen, die eine Lehre gemacht haben. Finanziert werden könnte die „Hacklerregelung“ der FPÖ zufolge etwa durch Einsparungen bei der Sozialhilfe für anerkannte Flüchtlinge, eine Rechnung, die NEOS-Abgeordneter Gasser allerdings massiv hinterfragte.
SPÖ: PENSIONSHÖHE UND PENSIONSALTER WERDEN NICHT ANGETASTET
Zum Vorwurf Wurms, die SPÖ sei in Sachen Wiedereinführung der Hacklerregelung „umgefallen“, hielt SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch fest, wer auf 45 Arbeitsjahre komme, könne auch in Zukunft mit 60 Jahren in Altersteilzeit gehen und bekomme nun die zusätzliche Möglichkeit einer Teilpension. Hier komme es zu keinen Verschlechterungen. Anders als die FPÖ in Zeiten ihrer Regierungsverantwortung, habe die SPÖ außerdem keinen Pensionseinschnitten zugestimmt. Weder komme es zu Eingriffen in bestehende noch in künftige Pensionen. Vielmehr hätten die Regierungsparteien beschlossen, „an anderen Schrauben zu drehen“. Muchitsch bezweifelt zudem, dass die FPÖ bei einer Regierungsbeteiligung die Wiedereinführung der „Hacklerregelung“ durchgesetzt hätte.
Auch Sozialministerin Korinna Schumann bekräftigte, dass die Regierung weder in die Pensionshöhe eingreife noch das Pensionskonto antaste. Das, was die Menschen verunsichere, seien „permanente Zurufe“, das Pensionsalter zu erhöhen, meinte sie. Für Entlastungsmaßnahmen lässt das Budget ihr zufolge „wenig Spielraum“, wiewohl man in wichtige Bereichen sehr wohl investiere.
Auf das „große Budgetloch“ verwies auch SPÖ-Abgeordnete Julia Herr. Eine Wiedereinführung der „Hacklerregelung“ würde Milliarden kosten, gab sie zu bedenken. Das hob auch NEOS-Abgeordneter Gasser hervor. Ohne Gegenfinanzierungsvorschlag ist für Herr die Forderung der FPÖ daher derzeit nicht umsetzbar. Die Beratungen über einen entsprechenden Entschließungsantrag der FPÖ (351/A(E)) wurden in diesem Sinn ebenso vertagt wie jene über die Forderung der FPÖ, anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte vom Bezug der Sozialhilfe auszuschließen (359/A(E)).
Begründet worden war diese Forderung von der FPÖ damit, dass immer mehr Sozialleistungen an Personen ausgezahlt würden, die nie einen Beitrag zum Sozialsystem geleistet hätten, während bei anderen gespart werde. Andreas Haitzer (SPÖ) hielt dazu fest, es gehe vorrangig darum, anerkannte Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zu bringen.
GRÜNE FORDERN ZUSÄTZLICHEN PENSIONSBEITRAG FÜR SCHWERARBEIT
Ebenfalls vom Ausschuss vertagt, wurde ein Gesetzesantrag der Grünen (341/A), der darauf abzielt, von Dienstgeber:innen einen zusätzlichen Pensionsbeitrag für Schwerarbeiter:innen einzuheben. Grünen-Abgeordneter Koza will dadurch nicht nur zusätzliche Einnahmen für die Pensionsversicherung lukrieren, vielmehr hofft er, die Unternehmer damit auch zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu motivieren, um Schwerarbeitszuschläge zu reduzieren bzw. zu vermeiden.
Konkret sollen laut dem Gesetzesantrag Dienstgeber:innen für Beschäftigte, die Schwerarbeit im Sinne des Allgemeinen Pensionsgesetzes leisten, ab dem Jahr 2028 zusätzlich zu den bestehenden Pensionsbeiträgen 0,2 % der allgemeinen Bemessungsgrundlage an die Pensionsversicherung zahlen. Danach soll dieser Zusatzbeitrag bis zum Jahr 2032 schrittweise auf 1,5 % ansteigen, wobei im Jahr 2029 0,4 %, im Jahr 2030 0,6 % und im Jahr 2031 1 % vorgesehen sind. Durch die lange Vorlaufzeit hätten die Betriebe die Möglichkeit, sich auf die neuen Rahmenbedingungen einzustellen, macht Koza geltend.
NEUES MODELL FÜR BILDUNGSKARENZ NOCH IN ARBEIT
Drei Entschließungsanträge lagen dem Sozialausschuss zum Thema Bildungskarenz vor. So spricht sich die FPÖ dafür aus, Personen, die bereits eine Ausbildung in einem von Fachkräftemangel betroffenen Bereich begonnen haben, weiterhin finanzielle Unterstützung zu gewähren (325/A(E)). Gerade in Bereichen mit einem Mangel an Fachkräften – etwa im Pflege-, Handwerks- oder Technologiebereich – sollten Ausbildungsvorhaben aus Sicht der FPÖ nicht gefährdet werden.
Die Grünen mahnten zum einen eine Härtefallregelung für Personen ein, die ihre Bildungskarenz aufgrund von Schwangerschaft, Mutterschutz, Elternkarenz, Krankheit oder anderen triftigen Gründen unterbrechen mussten und nun keinen Anspruch auf Weiterbildungsgeld bzw. Bildungsteilzeitgeld mehr haben (249/A(E)). Außerdem drängen sie Sozialministerin Korinna Schumann, möglichst rasch eine Nachfolgeregelung für die Bildungskarenz und die Bildungsteilzeit vorzulegen (164/A(E)).
Laut Barbara Teiber (SPÖ) gibt es die von den Grünen geforderte Härtefallregel bereits. Der entsprechende Antrag gilt daher mit der Beschlussfassung des Teilpensionsgesetzes als miterledigt.
Die beiden anderen Anträge wurden vertagt. Man arbeite gerade an einem Modell, das effizienter sei als das alte, sagte Tanja Graf (ÖVP). Das bestätigten auch NEOS-Abgeordneter Gasser und Sozialministerin Schumann. Man wolle sich stärker auf jene fokussieren, die keine abgeschlossene Ausbildung hätten, sagte Schumann. Sie versicherte zudem, dass das neue Modell nächstes Jahr starten werde. Gasser machte geltend, dass man arbeitsrechtliche Bildungskarenz nach wie vor in Anspruch nehmen könne und es unabhängig vom Weiterbildungsgeld diverse Stipendien und Unterstützungsleistungen gebe.
EVALUIERUNGSBERICHT ZUR ÜBERNAHME VON PENSIONSBEITRÄGEN DURCH DEN BUND
Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, hat das Parlament 2023 verschiedene Anreize für längeres Arbeiten im Alter beschlossen. So übernimmt der Bund seit Anfang 2024 – vorerst befristet auf zwei Jahre – einen Teil der zu leistenden Pensionsversicherungsbeiträge, wenn jemand neben dem Pensionsbezug einer Erwerbstätigkeit nachgeht. Bis zur doppelten Geringfügigkeitsgrenze (2024 waren das monatlich 1.036,88 Ꞓ) – und gedeckelt mit 10,25 % – braucht der bzw. die betreffende Beschäftigte demnach keine Pensionsbeiträge zu zahlen. Das entspricht einer monatlichen Entlastung von bis zu 106,28 Ꞓ im Jahr 2024 bzw. 112,98 Ꞓ im Jahr 2025.
Ob durch diese Maßnahmen Menschen dazu bewegt wurden, in der Pension weiter einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, ist laut Dachverband der Sozialversicherungsträger allerdings offen. Zwar waren 2024 deutlich mehr Pensionsbezieher:innen erwerbstätig als noch 2023, ein sprunghafter Anstieg war aber nicht zu verzeichnen. Vielmehr setzte sich ein seit mehreren Jahren anhaltender Trend fort, wie aus einer die letzten zehn Jahre umfassenden Grafik ersichtlich ist. Arbeiteten 2015 zum Stichtag 1. Juli nur rund 2,3 % aller Pensionist:innen nebenbei, waren es 2024 bereits rund 3,8 %. Am stärksten stieg die Kurve dabei im Jahr 2021 an. Es hänge von verschiedenen Faktoren ab, ob man in der Pension weiterarbeite, die einzelnen Effekte seien mit den vorliegenden Daten nicht quantifizierbar, wird dazu im Bericht angemerkt.
Dass der Anteil der Frauen an den erwerbstätigen Pensionsbezieher:innen überwiegt, hängt vor allem mit dem unterschiedlichen gesetzlichen Pensionsalter zusammen. Bei über 65-Jährigen standen 2024 hingegen 29.150 Männer 16.950 Frauen gegenüber. Annähernd die Waage hielten sich 2024 ASVG-Versicherte und GSVG-Versicherte, wobei die budgetären Kosten im GSVG-Bereich deutlich höher waren. Insgesamt hat die Maßnahme das Budget 2024 nach vorläufigen Zahlen – freiberuflich Tätige und BSVG-Versicherte miteingerechnet – mit knapp 54,69 Mio. Ꞓ belastet.
VERHANDLUNGEN ÜBER „FLAT TAX“ FÜR PENSIONIST:INNEN LAUFEN
In der Debatte wies NEOS-Abgeordneter Gasser auf das im Regierungsprogramm verankerte Vorhaben hin, das Beschäftigungspotenzial älterer Menschen zu heben. So wird ihm zufolge derzeit auch über eine „Flat Tax“ für erwerbstätige Pensionist:innen verhandelt, wobei die Frage der Ausgestaltung noch offen sei. Es gehe darum, „Mitnahmeeffekte“ zu verhindern und gleichzeitig erwünschte Beschäftigungseffekte zu erzielen, betonte er. Man arbeite an der „bestmöglichen Lösung“, hielt Sozialministerin Schumann auf eine Frage von FPÖ-Abgeordnetem Peter Wurm fest.
Markus Koza (Grüne) wertete den vorliegenden Bericht insofern als „sehr spannend“, weil er zeige, dass in der Gruppe der über 65-Jährigen Männer überproportional vertreten seien und vor allem Selbständige und Freiberufler neben der Pension weiterarbeiten würden, während Arbeiter:innen und Angestellte unterrepräsentiert seien. Er frage sich, ob das wirklich die Gruppen seien, die eine staatliche Förderung brauchen, meinte er.
Dem hielt ÖVP-Abgeordnete Tanja Graf entgegen, dass es sich um ein zeitlich befristetes „Erstprojekt“ handle. Ihrer Ansicht nach ist es noch zu früh, um zu sagen, ob die Anreize gewirkt haben. Dass mehr Selbstständige als Arbeitnehmer:innen die Unterstützung in Anspruch genommen haben, könnte ihr zufolge auch an mangelnden Informationen liegen. Im Übrigen gehe es lediglich um eine Entlastung von 112 Ꞓ im Monat, erklärte sie.
Der Evaluierungsbericht wurde schließlich einstimmig zur Kenntnis genommen. (Schluss Sozialausschuss) gs
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